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Von Sabine Beikler und Matthias Matern: Nichtraucherbund erwägt Volksinitiative für Berlin

Bislang keine Kampage für das Land Brandenburg geplant / Grüne fordern: Keine Ausnahmen mehr für märkische Gastronomie

Von
  • Matthias Matern
  • Sabine Beikler

Stand:

Potsdam/Berlin - Berlin ist die Hauptstadt der Raucher: Laut Mikrozensus von 2009 greifen 27,2 Prozent der Berliner über 15 Jahre regelmäßig zur Zigarette. Damit liegt die Stadt bundesweit an der Spitze. Nach dem erfolgreichen Volksentscheid in Bayern, das Rauchen ohne Ausnahmen zu verbieten, erwägen das Forum Rauchfrei und der Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg zumindest für Berlin eine Volksinitiative für den „Nichtraucherschutz ohne Ausnahme“, sagte Johannes Spatz, Sprecher des Forums, dieser Zeitung. Für eine Volksinitiative werden 20 000 Stimmen benötigt. Sie richtet sich direkt an das Parlament, das sich damit befassen muss. Im Gegensatz zum Volksbegehren oder Volksentscheid können Gesetzesänderungen aber nicht erreicht werden.

Für das Land Brandenburg sei eine ähnlliche Kampagne derzeit nicht geplant, teilte der Nichtraucherbund weiter mit. Die Grünen im brandenburgischen Landtag jedoch fordern nach dem erfolgreichen Volksentscheid in Bayern auch für Brandenburg schärfere Regeln. Ausnahmen beim Nichtraucherschutz müssten perspektivisch vor allem in der Gastronomie fallen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Landtag, Ursula Nonnemacher, am Montag in Potsdam. Dass das Rauchen in bayerischen Kneipen künftig generell nicht mehr gestattet ist, sei ein konsequenter Schritt, der bundesweit Signalwirkung haben dürfte, sagte Nonnemacher. In Brandenburg werde der Nichtraucherschutz „an viel zu vielen Stellen ausgehöhlt – gerade in der Gastronomie“, kritisierte die Grünen-Politikerin.

In Brandenburg ist vor einem Jahr ein neues Gesetz zum Nichtraucherschutz in Kraft getreten. Es erlaubt das Rauchen in Einraum-Kneipen mit einer Fläche von bis zu 75 Quadratmetern. Voraussetzung ist, dass keine zubereiteten Speisen gereicht werden und Jugendliche unter 18 Jahren keinen Zutritt haben. Zudem muss das Lokal als Raucherkneipe gekennzeichnet sein. Diskotheken dürfen das Rauchen nur in Nebenräumen zulassen, in denen keine Tanzfläche vorhanden ist. Zudem dürfen nur Erwachsene in die Disco gelassen werden. Möglich sind außerdem weitere Ausnahmen nach Genehmigung durch das Landesgesundheitsamt. Seit Inkraftrteten des Nichtrauchendenschutzgesetzes seien jedoch erst zwei Anträge gestellt worden, teilte das brandenburgische Gesundheitsministerium auf PNN-Nachfrage mit. „Keiner ist genehmigt worden“, hieß es weiter.

Das bayerische Votum wertere Nonnemacher als Erfolg für die direkte Demokratie. Wieder einmal habe sich gezeigt, dass die Bevölkerung bei wichtigen Sachentscheidungen gerne direkt gefragt werde. Auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) lobte gestern den Volksentscheid und machte deutlich, dass ähnliche Initiativen auch im Land Brandenburg zu begrüßen wären. „Unser Gesetz ist eine gute Grundlage, weil es Nichtraucher schützt ohne Raucher zu diskrimieren.“ Allerdings müsse das Gesetz auch konsequent umgesetzt und dessen Einhaltung kontrolliert werden. Von der Bundesregierung forderte Tack Änderungen beim Arbeitsschutzgesetz, damit auch die Beschäftigten der Gastronomie besser vor Tabakrauch geschützt werden.

Zuständig für die Kontrollen der Einhaltung der Rauchverbote sind die Ordungsämter der Kommunen. Rauchern droht bei Verstößen eine Geldbuße von bis zu 100 Euro. Gastwirten, die nicht einschreiten, wenn illegal geraucht wird, können mit bis zu 1000 Euro belangt werden.

Karl-Ludwig Böttcher, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, sieht bei der Überwachung jedenfalls keine Defizite. Schließlich sei „der Vollzug nur eine Seite der Medaille“, so Böttcher. „Ich denke, ein ganz wesentlicher Ansatz ist die wachsende Einsicht in der Bevölkerung“. Außerdem gebe es so viele Kneipen, dass die Besucher ja die Wahl hätten, fügte er hinzu. Seinen Erkenntnissen nach sei der Aufwand, den die Kommunen bei der Überwachung betreiben, „nicht exorbitant“. Auch verhängte Bußgelder werden wohl „eher die Ausnahme sein“, meinte Karl-Ludwig Böttcher. (mit ddp)

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