Brandenburg: „Nie ein Spaziergang“
Hat der Aufsichtsrat versagt? Ex–Senator Harald Wolf über die Kontrolle der Flughafenchefs
Stand:
Herr Wolf, Sie haben kürzlich im Abgeordnetenhaus gesagt, es stelle sich angesichts des BER-Debakels die Frage, ob auch Sie als Ex-Wirtschaftssenator und einstiges Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft etwas versäumt haben. Haben Sie schon eine Antwort auf die Frage gefunden?
Nein. Es muss aufgeklärt werden, woraus die jetzigen Probleme resultieren. Der Aufsichtsrat hat immer sehr intensiv die Controllingberichte und mögliche Probleme mit der Geschäftsführung diskutiert. Er ist seiner Pflicht nachgekommen. Angesichts der Vielzahl der Probleme stelle ich mir heute trotzdem die Frage: Hätte man nicht an der einen oder anderen Stelle kritischer nachhaken müssen?
Und? Hätten Sie?
Im Nachhinein ist man immer klüger. Aber wenn im Controllingbericht die berühmte gelbe Ampel vermerkt ist, die für Probleme steht, und dann gleichzeitig diskutiert wird, welche Maßnahmen ergreifen wir, damit die Ampel wieder auf Grün kommt, dann ist der Aufsichtsrat zunächst einmal seiner Verpflichtung nachgekommen. Offensichtlich hat das aber nicht ausgereicht. Zumal man sich die Frage stellen muss: Ist der Aufsichtsrat immer korrekt informiert worden?
Wurden Sie ja offenbar nicht, wie im Nachhinein bekannt wurde.
Im Nachhinein muss ich feststellen, dass die Informationen seitens der Flughafen-Geschäftsführung nicht ausreichend und nicht immer zutreffend waren.
Wie kann man als Flughafenlaie, wie Sie als Senator ja einer waren, überhaupt richtig einschätzen, was einem die Fachleute und die Geschäftsführer in Aufsichtsratssitzungen vorlegen?
Wirtschaftliche Sachverhalte glaube ich, beurteilen zu können. Das ist ja eine wesentliche Aufgabe der Aufsichtsratstätigkeit. Ansonsten ist es auch nicht die Aufgabe eines Aufsichtsrats, technische Detailprobleme zu lösen. Das ist operatives Geschäft und hat die Geschäftsführung zu verantworten.
Sodass man sich einfach darauf verlassen muss, was die Geschäftsführung erzählt?
Ja. Da der Aufsichtsrat nicht das operative Geschäft betreibt, ist er in erheblichem Umfang darauf angewiesen, dass er von Geschäftsführung und sonstigen Zuständigen korrekt und umfassend informiert wird, wie es auch das Gesetz vorschreibt.
Ist Herr Schwarz als Geschäftsführer weiterhin geeignet?
Das muss der Aufsichtsrat entscheiden. Aber angesichts der Problemlagen muss man sich in der Tat die Frage stellen, ob Herr Schwarz noch der geeignete Geschäftsführer ist.
Bei Lektüre der BER-Aufsichtsratsunterlagen der vergangenen Jahre fällt auf, dass es bei manchen Problemen überraschend wenig kritische Rückfragen gab.
Dazu muss man wissen: Vieles wird schon in Anteilseignervorbesprechungen und Ausschüssen kritisch diskutiert. Das war nie ein Spaziergang für die Geschäftsführung.
Kann dieser Flughafen sich denn angesichts dieser Vorgeschichte überhaupt wirtschaftlich betreiben lassen?
Ja – aber nur, wenn er nicht noch weitere Kreditlasten tragen muss. Deswegen müssen die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund beispringen, denn aus dem Betrieb lassen sich die zusätzlichen Mehrkosten nicht mehr finanzieren.
Das Interview führte Lars von Törne.
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