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Brandenburg: Niederlage

Rainer Speer konnte auch vor Gericht die Berichterstattung über mögliche, in seinem Privatleben begründete Verfehlungen nicht stoppen

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Berlin/Potsdam - Rainer Speer (SPD) muss sich im gewissen Umfang Berichte über sein Privatleben gefallen lassen. Nur wenige Minuten nach seinem Rücktritt hat das Landgericht Berlin am Donnerstag eine Einstweilige Verfügung gegen den Verlag Axel Springer aufgehoben und damit die Berichte über eine mögliche Vaterschaft von Speer ermöglicht (Az 27 O 729/10).

Nach Recherchen der „Bild“-Zeitung gibt es Hinweise dafür, dass die Mutter Unterhaltsleistungen für das uneheliche Kind vom Staat statt von Speer bezogen haben soll. Anfang der Woche hatte das Gericht zunächst jegliche Berichterstattung dazu untersagt mit Verweis auf die fragwürdige Herkunft des Recherchematerials.

Springersprecher Tobias Fröhlich bezeichnete die Entscheidung als Sieg für die Pressefreiheit. „Der Versuch, die Presse mundtot zu machen, ist trotz politischen Drucks gescheitert.“    Von ihrer Haltung rückte die Pressekammer nun ab. In einem gewissen Umfang sei die Berichterstattung über die privaten Aspekte nicht zu verwehren, so die Richter. Dies gelte insbesondere im Zusammenhang mit den öffentlich geführten Prozessen. Vor allem könne aber nicht ein vorbeugendes Verbot ausgesprochen werden. Im Vorfeld sei nicht erkennbar gewesen, in welchem Umfang der Springer-Verlag berichten wollte, so die Richter.

Die Medienberichte stützen sich auf angebliche E-Mails von Speers im Herbst 2009 gestohlenen Computer. Speer zweifelt die Echtheit des Materials an. Eine inhaltliche Stellungnahme hatte er abgelehnt.

Inzwischen prüft das Brandenburger Landeskriminalamt eine DVD mit möglichen Daten des zurückgetretenen Innenministers. Darauf seien „mutmaßlich E-Mails von Herrn Speer oder die ihm zuzuordnen sind“, sagte LKA-Sprecher Toralf Reinhardt. Die Staatsanwaltschaft Potsdam untersucht das anonym eingegangene Material nun. Der Springer-Verlag hatte vor Gericht angegeben, über etwa 240 E-Mails, die angeblich von Speers Ex-Geliebter und Speer selbst stammen sollen, zu verfügen. Im Prozess hatte der Springer-Anwalt selbst eingeräumt, dass man Zweifel an der Echtheit haben könne. Der Verlag allerdings halte das Material für plausibel.Entscheidend sei am Ende nicht, so der Springer-Anwalt, ob die E-Mails komplett echt oder falsch sind, sonder allein, ob die Hinweise auf mögliche Straftaten zutreffen oder nicht. Dies gelte es es zu überprüfen.

Überprüft wird nun vom LKA auch, wer das Material anonym an die Staatsanwaltschaft geschickt hat. Denn der oder die Absender gelten auch als mögliche Spur zu den Dieben, die nach Speers Auskunft den Computer am 30. Oktober aus seinem Dienstwagen gestohlen haben sollen (siehe Beitrag oben).

Ermittelt wird nun auch gegen die Ex-Geliebte, mit der Speer ein gemeinsames Kind haben soll. Sie hatte im Zuge des ersten Prozesses am Dienstag eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben, wonach ihr vorgelegte bzw. vom Anwalt am Telefon auszugsweise vorgelesenen E-Mails, die sich im BVesitz der Bild-Zeitung befinden, nicht von ihr stammen. Nach dem Auftauchen der DVD müsse nun geprüft werden, ob dies stimme oder nicht. Ermittler gehen allerdings davon aus, dass die Frau die E-Mails gelöscht hat. Nicht ausgeschlossen werden könne aber, dass sich in neueren, noch vorhandenen E-Mails Hinweise auf Absprachen der Frau mit Speer finden, hieß es.

Daher wurden gestern auch die Privatwohnung und auch die Büroräume der Frau in der Landesverwaltung durchsucht – zeitgleich zum Abdanken des Ministers.

Grundsätzlich aber, darauf wiesen Ermittler gestern auch ausdrücklich hin, sei der vermeintliche Sozialbetrug der Frau, verjährt. Lediglich das Jugendamt könne noch – nicht strafbewehrt – Regress fordern. dpa/pet

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