Brandenburg: Noch 300 Blindgänger in Oranienburgs Boden vermutet
Wieder müssen Tausende Menschen in Oranienburg ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen - der 200. Weltkriegs-Blindgänger wird entschärft. Mit dem schweren historischen Erbe hat die Stadt noch lange zu kämpfen.
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Oranienburg - Die im Krieg schwer bombardierte Stadt Oranienburg wird noch Jahrzehnte mit der Last von Blindgängern leben müssen. Trotz intensiver Bemühungen in den vergangenen Jahren würden weiter 300 Bomben im Boden vermutet, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Montag. Vor allem solche mit chemischen Langzeitzündern seien 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in kritischem Zustand, so dass Selbstdetonationen drohten. Es müsse mit Hochdruck daran gearbeitet werden, diese Gefahren schnell zu beseitigen.
200. Bombe in Oranienburg wird am Mittwoch entschärft
Am Mittwoch wird in der Stadt die 200. Bombe nach der Wende entschärft. Knapp 10 000 Menschen müssen dann ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen. Es handelt sich nach Angaben des zuständigen Sprengmeisters beim Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD), André Müller, um eine Fünf-Zentner-Bombe amerikanischer Bauart. "Die aktuellen Untersuchungsbilder belegen dies zu 99 Prozent." Sie liege in sieben Meter Tiefe nahe einer großen Pharmafirma.
Aufgrund des fragilen Zustands wird der Zünder nicht von Hand abgedreht. "Seit 2010 agieren wir nur noch ferngesteuert mit einem Wasserstrahlschneider und trennen den Zünder aus der Bombe", erklärte Müller. Der aktuelle Fund sei trotz aller technischen Hilfsmittel eine große Herausforderung, weil die Weltkriegsbombe beim Freilegen keinen Millimeter bewegt werden dürfe.
Über 100 Millionen Euro für Munitionsräumung in Brandenburg seit der Wende
Das Land Brandenburg hat sich seit 1991 die Munitionsräumung in Oranienburg nach eigenen Angaben 103 Millionen Euro kosten lassen. "Das ist mehr als alle anderen Bundesländer zusammen für ihre Bombenentschärfungen ausgegeben haben", unterstrich Schröter. Im kommenden Jahr wird das Land knapp vier Millionen Euro Oranienburg zur Verfügung stellen. "Wir als Stadt bringen die gleiche Summe auf", ergänzte Vize-Bürgermeister Frank Oltersdorf. Für die kommenden Jahre habe die Stadt zusätzlich 150 Millionen Euro auf die hohe Kante gelegt.
Dass sich der Bund an den Kosten der Räumung alliierter Munition mit 60 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 beteiligen will, nannte Schröter "einen ersten guten Schritt". Die Hilfe müsse nach dem Jahr 2019 weitergehen. Wie und wann die 60 Millionen Euro unter den Bundesländern aufgeteilt werden, sei noch unklar. Die Vergaberichtlinie stehe noch nicht. Brandenburg müsse jedenfalls aufgrund der Belastung einen "Löwenanteil" abbekommen. (dpa)
Georg-Stefan Russew
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