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Nur ungeschickt? Prenzlaus Stadtoberhaupt Hans-Peter Moser.

© dpa

Brandenburg: Nostalgiewelle am Uckersee

Prenzlaus Linke-Bürgermeister steht in der Kritik nachdem er „in Vertretung von Erich Honecker“ einen hohen DDR-Orden verlieh

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Prenzlau - Der historische Festumzug und das Stadtfest, mit dem die Stadt Prenzlau vor einer Woche ihren 775. Geburtstag feierte, hat offenbar zu schweren Nachwirkungen geführt: Beim Prenzlauer Stadtoberhaupt, dem Linkspolitiker Hans-Peter Moser, jedenfalls löste das Fest einen akuten DDR-Funktionärs-Reflex aus: Er verlieh einen Orden. Dem Leiter des städtischen Kulturamtes, Eckhard Blohm (parteilos), verlieh er für dessen Verdienste um die Feier des Stadtjubiläums vor dem versammelten Verwaltungsrat der Stadt einen der höchsten DDR-Orden: das „Banner der Arbeit, Stufe 1“. Zum Orden hatte der Linke-Politiker auch die passende Urkunde, die er auch noch mit in Vertretung mit „Erich Honecker“ unterschrieb.

Moser selbst entschuldigte sich nach Publikwerden der Ehrung am Dienstag und begründete seinen DDR-Anfall damit, dass er „noch im Eindruck des Festumzuges zur 775-Jahr-Feier der Stadt Prenzlau, in welchem auch die DDR-Geschichte eine Rolle spielte,“ gehandelt habe. Alles sei „nur als netter Spaß gedacht“ gewesen.

Doch so einfach werden die Prenzlauer ihr Oberhaupt wohl nicht davonkommen lassen. Der Landkreis Uckermark als Kommunalaufsicht prüft die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. „Herr Moser ist Wahlbeamter und hat einen Diensteid geleistet. Da dürfen solche Vorfälle nicht geschehen“, sagte Landrats-Sprecherin Ramona Fischer gestern den PNN. Die SPD-Fraktion im Stadtparlament sprach von einer „Beleidigung“ der DDR-Opfer und vor allem des Kulturamtsleiters Blohm. Der war gestern, als der Vorfall publik wurde, bereits im Urlaub und für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Erbaut haben soll ihn die Ordensverleihung aber nicht sonderlich.

Der auch für die Kommunalaufsicht im Lande zuständige Innenminister, Jörg Schönbohm (CDU), sagte der Nachrichtenagentur dpa, er nehme an, dass sich Prenzlaus Stadtverordnetenversammlung zu dem Vorfall äußern wird: „Das muss örtlich geklärt werden.“ Der Minister führte den Vorgang auf eine „Nostalgiewelle“ zurück, die den Bürgermeister wohl „überfallen“ habe. „Es ist wie ein Schleier, der reißt – und dann guckt man da auf einmal durch. Das ist eine Offenbarung dessen, was in vielen Köpfen noch da ist“, sagte Schönbohm. „Ich kenne ihn, er ist ein intelligenter Mann“, sagte der Minister über den Bürgermeister: „Ich glaube nicht, dass er durchgeknallt ist.“  

Jens Koeppen, CDU-Kreischef in der Uckermark und Bundestagsabgeordneter, sagte: „Diese Entgleisung des Bürgermeisters ist kein Gag und schon gar nicht ein netter.“ Dies habe auch nichts mit der üblichen sogenannten Ostalgie zu tun, sondern sei einfach nur geschmacklos.

Mosers Partei, die Linke, schwieg.

Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Jürgen Hoppe (SPD), sagte, Moser sei dafür bekannt, dass er „von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen stolpert“.

In der Tat ist der DDR-Rückfall nicht Mosers Auffälligkeit, die auch überörtlich wahrgenommen wird: In die Schlagzeilen geriet der Linke etwa, als er in der Stadt eine Sozialwohnung mieten wollte, die aber von der Wohnungsbaugesellschaft bereits einer sozial bedürftigen Familie zugesagt war. Die Sache landete vor Gericht und Moser akzeptierte im Frühjahr 2008 schließlich einen Strafbefehl und zahlte 3000 Euro. Im vergangenen Herbst gab es Ärger, als auf der „Tour de Toleranz“ von Lesben und Schwulen durch Brandenburg just in Prenzlau die Regenbogenfahne nicht vor dem Rathaus gehisst werden durfte, weil der Bürgermeister es nicht wollte.

Moser ficht die Kritik nicht an. Er bleibt dabei: Sein Ordens-Fauxpas sei keiner, nur eine „unbedachte Ungeschicklichkeit“. Für die Bürgermeisterwahl am 27. September tritt der 45-Jährige wieder an. Anders als zu DDR-Ordenszeiten gibt es zwei Gegenkandidaten. ste/dpa/ddp/pet

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