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Brandenburg: „Oft reichen nichtige Anlässe“

Ein 16-Jähriger hat gestanden, am Sonnabend einen siebenjährigen Jungen erschlagen zu haben. Aus Frust, wie der Jugendliche der Polizei sagte.

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Ein 16-Jähriger hat gestanden, am Sonnabend einen siebenjährigen Jungen erschlagen zu haben. Aus Frust, wie der Jugendliche der Polizei sagte. Psychologe Karl Mollenhauer versucht den Fall aus seiner Erfahrung zu erklären. Herr Mollenhauer, ein 16-Jähriger bringt ein siebenjähriges Kind um. Nach allem, was man bisher weiß im Affekt. Wie kann das passieren? Grundsätzlich ist es so, dass Jugendliche eine Hemmung haben, gegen Kinder gewalttätig zu werden. Im Zehlendorfer Fall war das offenkundig anders. Das und einige andere Indizien sprechen für eine Borderline-Persönlichkeit. Was bedeutet das? Die Borderline-Persönlichkeit ist ein Krankheitsbild zwischen Neurose und Psychose. Borderline-Persönlichkeiten erkennt man unter anderem daran, dass sie sehr, sehr schnell ausrasten und die Kontrolle über sich völlig verlieren. Um einen heftigen Ausbruch auszulösen, reichen oft schon Anlässe aus, die andere Menschen als nichtig empfinden. Zum Beispiel? Ein Blick oder einfach nur die Tatsache, dass man jemanden mit einer Borderline-Persönlichkeit anspricht. Was ein Kind von sieben Jahren ja schon mal tut. Wie kommt solch eine psychische Störung zustande? Oft geht die Ursache auf die frühkindlichen Phase zurück. Oft hat so ein Mensch in den ersten anderthalb Lebensjahren keine stabilen Beziehungen zu den Eltern erlebt. Das ist eine ausgesprochen wichtige Zeit in der Entwicklung. Je schwerwiegender da das Verhältnis zu den Eltern gestört ist, desto größer ist später der Schaden. Aber es werden doch nicht alle Menschen mit einer schweren Kindheit zu Verbrechern. Das stimmt. Aber hinter einer Borderline-Störung steckt oft mehr als das, was man landläufig unter einer „schweren Kindheit“ versteht. Dahinter stehen massive familiäre Probleme: Eine Mutter lehnt ihr Kind ab und drückt das mit jeder Geste, jedem Wort aus, vielleicht wird sogar geschlagen. Etwas in der Art. Manche Menschen haben Glück und geraten später in ein Umfeld, das die frühen Ängste bremst. Aber das ist eher selten. Wie kann man so eine Störung heilen? Das ist, wenn überhaupt, nur mit sehr intensiver, langer Behandlung möglich. Karl Mollenhauer, 62, ist Chefpsychologe der Berliner Polizei. Das Gespräch führte Marc Neller.

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