Brandenburg: Ohne Führerschein erlaubt
Fürstenberger Boots-Charterer läutete Saison ein/Hausboote zu Wasser gelassen
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Fürstenberger Boots-Charterer läutete Saison ein/Hausboote zu Wasser gelassen Von Juliane Sommer Fürstenberg/Havel. Mit schmatzendem Geräusch klatscht die „Fürstenberg“ auf die Wasseroberfläche des Stolpsees. Das Hausboot hat eine mehrmonatige Promotion-Tour durch Dänemark hinter sich. Dieser Tage wurden die „Fürstenberg“ und die anderen schwimmenden Gefährte der mittlerweile 40 Hausboote umfassenden Flotte des Verleihers „Loca Boat“ für die Saison klar gemacht und zu Wasser gelassen. „Wir sind im November das Wagnis eingegangen, mit dem Boot über das offene Meer nach Dänemark zu fahren“, sagt Thorsten Finnern von der Firma. Der flach Pott, eigentlich nur für Kanäle, Flüsse und Seen geeignet, hat die Fahrt heil überstanden. „Das einzige, was kaputt ging, waren ein Schnapsglas und ein Fender“, sagt Finnern. Das Interesse der Dänen an einem Bootsurlaub in Mecklenburg und Brandenburg sei überraschend groß gewesen. „An manchen Tagen hatten wir bis zu 1500 Gästen an Bord“, sagt Finnern. Urlaub auf dem Hausboot boomt jedoch nicht nur bei den Dänen. „Das Interesse in Deutschland ist riesig. Und merkwürdigerweise kommen immer mehr Schweizer nach Fürstenberg, um hier die Ruhe der Natur zu genießen“, sagt Finnern. Dem Unternehmen bescherte es volle Auftragsbücher. Kaum noch freie Termine Während der Saison waren die Boote im vergangenen Jahr komplett ausgebucht, 30 000 Übernachtungen zählte das Unternehmen auf den Hausbooten. Und für diese Saison, so Finnern, sei es schon jetzt schwer, noch freie Termine zu buchen. Der Boom begann vor vier Jahren, als in Deutschland erstmals Hausboote auch ohne Bootsführerschein gelenkt werden durften. Was damals als Pilotprojekt auf ausgewählten Gewässern begann und von Bootsverbänden als unverantwortlich kritisiert wurde, hat sich mittlerweile etabliert. Seit Ende vergangenen Jahres gilt führerscheinfreies Fahren nicht mehr als Pilotprojekt, sondern ist fester Bestandteil des Gesetzes. „Die Regelung ist jetzt dauerhaft. Und die Anzahl der Gewässer, auf denen es erlaubt ist, Hausboote mit Charterschein zu lenken, ist ausgeweitet worden“, sagt Finnern. So darf auf den Havelgewässern jetzt bis nach Liebenwalde gefahren werden. Und im Mecklenburgischen ist nun auch das Überqueren der Müritz erlaubt. „Mit ganz bestimmten Auflagen“, erläutert Finnern. „Die Boote müssen sich nahe am Westufer halten. Während der Fahrt über den See müssen die Leute an Bord Rettungswesten tragen, sie müssen sich an- und abmelden und vorher nach den Witterungsbedingungen fragen.“ Denn die Müritz, das weiß der ehemalige Seemann aus eigener Erfahrung, erweist sich bei Wind als tückisches Gewässer. Mit dem führerscheinfreien Fahren hat Finnern in den vergangenen Jahren nur gute Erfahrungen gemacht. „Die Befürchtungen, dass die Sicherheit auf dem Gewässern leiden wird, haben sich nicht bewahrheitet. Die Leute fahren verantwortungsbewusst. Ich kann mich nicht erinnern, dass es einen größeren Unfall gegeben hat“, sagt er. „Im Gegenteil.“ Wolfgang Brandt vom brandenburgischen Innenministerium bestätigt das: „Bei den Leuten, die mit dem Charterschein fahren, passiert weniger als bei Inhabern von Motorboot-Führerscheinen“, sagt er. Die Branche ist dem Gesetzgeber dankbar, dass er diese Möglichkeit, wie es sie seit Jahrzehnten beispielsweise schon in Frankreich gibt, auch in Deutschland geschaffen hat. „Wir haben durch die Führerscheinfreiheit jede Menge Kunden hinzugewonnen“, sagt Finnern. „Und die meisten machen, wenn sie erst einmal Blut geleckt haben, dann im Jahr darauf von ganz allein ihren Führerschein, um auch woanders als auf den für Führerscheinfreiheit ausgewiesenen Gewässern mit dem Boot Urlaub machen zu können.“
Juliane Sommer
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