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Brandenburg: Ohne ihre Hilfe wäre der Kenianer tot

Heinemann-Bürgerpreis an zwei Brandenburgerinnen verliehen

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Potsdam- Sie retteten in der Stadt Brandenburg einem Kenianer bei einem fremdenfeindlichen Mordanschlag das Leben. Von der Debatte um „No-Go-Areas“ in Ostdeutschland, von Warnungen an Afrikaner, brandenburgische Städte wegen drohender Übergriffe von Neonazis zu meiden, halten die frisch gekürten Trägerinnen des Heinemann-Bürgerpreises 2006 trotzdem nichts. „Das ist doch Schwachsinn“, formuliert Jana Böttner, 21 Jahre, Hauptgefreitin bei der Bundeswehr, drastisch. Und Nicole Lüdeking, 27 Jahre, fügt nachdenklich hinzu: „Das wäre doch genau der falsche Weg.“ Man müsse helfen, wenn jemand Hilfe braucht, „so wie man selbst Hilfe erwarten würde“.

Die beiden Frauen aus Brandenburg an der Havel sind gestern in Potsdam mit dem Heinemann-Preis des SPD-Bundesvorstandes geehrt worden, als Vorbilder, als Beispiele, was für „tolle Menschen in diesem tollen Land“ (Henning Scherf) leben. Beide gehörten einer Minderheit an, die eben nicht wegschaue, so Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in der Laudatio. „Ihr habt auch mir Mut gemacht.“

Es geschah kurz nach Mitternacht am 18. Juli 2004, als beide auf dem Heimweg von einer Diskothek im Plattenbau-Stadtteil Hohenstücken waren: Sie beobachteten, wie zwei Deutsche zwei Afrikaner anpöbelten. „Es wurde brenzlig“, erinnert sich Böttner. Sie riefen die Polizei, redeten zugleich beschwichtigend auf die Täter ein – vergeblich. Als das Opfer mit einer Wunde am Hals am Boden lag, der Täter erneut ausholte, fiel Lüdeking ihm in den Arm. Er stach mit der zerbrochenen Bierflasche nicht noch einmal zu – das rettete dem Kenianer das Leben. Woher diese zierliche, ja zerbrechlich wirkende Frau mit der leisen Stimme den Mut nahm? „Wir haben nicht lange nachgedacht“, sagt Lüdeking. Ihre Mutter, die als Hausmeisterin arbeitet, erzählt von einer anderen Seite. „Ich hatte danach Angst um Nicole. Sie hat ja weiter in der Diskothek gearbeitet. Hohenstücken ist klein“. Und eine Hochburg der rechten Szene. Aber zum Glück sei nichts passiert. Die beiden Frauen haben viel Zuspuch für ihr beherztes Eingreifen erfahren. Dennoch habe es auch Anfeindungen gegeben, „immer nur hintenherum“, berichtet Nicole Lüdeking. „Das haben mir dann Freunde und Bekannte erzählt.“ Und Jana Böttner machte sich in ihrer Kaserne nicht nur Freunde damit, dass sie im Prozess den Täter, einen Soldaten, belastete. Als sie den Preis entgegennahm, äußerte Nicole Lüdeking, die zwei kleine Töchter hat, die davon träumt, sich einmal als Raumausstatterin selbstständig zu machen, spontan eine Bitte um Spenden: Sie sei gerade dabei, Hilfsgüter für Afrika zu organisieren, ganz privat, mit einer Freundin. „Wir bräuchten zum Beispiel Kleidung.“

Wer helfen will, Kontakt: Staatskanzlei Brandenburg, Referat Ehrenamtliches Engagement Tel: 0331/8661221. thm

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