Brandenburg: Ohne Reue
Die Mörder der hochschwangeren Maria P. in Berlin sind verurteilt. Trauer und Fassungslosigkeit bleiben
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Berlin - Der Feuertod war perfide vorbereitet, grausam, heimtückisch. Maria P. war im achten Monat schwanger, als sie und ihr ungeborenes Kind qualvoll starben. Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal, als nun das Urteil verkündet wurde. Als Mörder sollen Eren T., der Vater des Kindes, und Daniel M. jeweils für 14 Jahre hinter Gitter. „Sie haben die Tat gemeinsam geplant und durchgeführt“, stand am Freitag für das Landgericht fest.
Zwei 20-Jährige, die an allen 19 Prozesstagen ohne Regung und schweigsam geblieben waren. Ein Bruder von Maria P. saß ihnen als Nebenkläger gegenüber. „Emotionslos waren sie die ganze Zeit, ohne Reue, kein Blick zu mir“, sagte der 30-Jährige. Er habe wenigstens eine Entschuldigung erwartet. Für die Verurteilten gebe es eine Zeit nach dem Gefängnis. „Meine Schwester kommt nicht mehr wieder.“
Maria P. freute sich auf das Kind. Ein Mädchen, das Dilara heißen sollte. Sie hoffte auf eine gemeinsame Zukunft mit Eren T., den sie seit 2013 kannte. Die Teenager trennten und versöhnten sich mehrfach. Es lagen fast drei Monate Funkstille hinter ihnen, als sich T. kurz vor dem unfassbaren Verbrechen bei Maria P. meldete. Angeblich wollte er mit ihr am 22. Januar 2015 Babysachen kaufen. Am nächsten Morgen fanden Spaziergänger in Adlershof ihre verkohlte Leiche.
Für das Gericht stand nach mehr als viermonatiger Verhandlung fest: „Für Eren T. war die Tat eine Problemlösung. Er wollte weiterhin ein freies, freudiges und selbstbestimmtes Leben führen“, sagte Richterin Regina Alex. Deshalb habe er Kontakt zu Daniel M. aufgenommen, ein Ex-Mitschüler, der Vorstrafen hat und als skrupellos und gewalttätig gilt. Bei M. sei von Mordlust auszugehen.
Eren T. und Daniel M. waren nur Stunden nach der Tat getrennt voneinander zur Polizei gegangen. T. machte sich angeblich Sorgen um seine Freundin Maria und erstattete eine Vermisstenanzeige. M. berichtete auf einem anderen Revier, dass er vergeblich versucht habe, Maria P. vor Angriffen von T. zu schützen. Damals hätten beide Angeklagten aber Täterwissen offenbart, so die Richterin. Zum Beispiel, dass ein Brotmesser, ein Teleskopschlagstock und ein schwarzer Benzinkanister eine Rolle spielen würden. Weiteres Fundament des Urteils seien Handy-Nachrichten von T. und M.
Stundenlang hatte Eren T. die Berufsschülerin vertröstet. Es war gegen 21 Uhr, als sie in einen Transporter stieg, den sich die Angeklagten geliehen hatten. Maria P. hatte keinen Argwohn. Eine Versöhnung mit Eren T. schien endlich in Sicht. „Er hat Maria P. auf besonders perfide Art getäuscht.“
Das Landgericht kam zu dem Schluss: „Daniel M. hat die beiden Messerstiche in ihren Bauch gesetzt.“ Eren T. habe die schwangere Frau mit Benzin übergossen und sie angezündet. „Sie war noch bei Bewusstsein, es können 10, 20 oder 30 Sekunden gewesen sein.“ Ein schier unerträglicher Schmerz. Sie habe noch versucht, den Mantel auszuziehen.
Drei Mordmerkmale bei jedem Angeklagten liegen aus Sicht der Richter vor. Sie folgten Gutachten und urteilten nach dem milderen Jugendstrafrecht. Es greift für Beschuldigte im Alter von 14 bis 17 Jahren und bei Heranwachsenden – also 18- bis 20-Jährigen – für den Fall, dass sie zum Tatzeitpunkt in ihrer „sittlichen und geistigen Reife“ noch einem Jugendlichen gleichstanden. Im Regelfall liegt die Höchststrafe nach dem Jugendstrafrecht bei zehn Jahren Haft. Doch das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren. Darauf hatte der Staatsanwalt plädiert.
Konkret bedeutet das Urteil, dass die beiden Mörder vermutlich noch 13 Jahre in Haft sein werden, das Jahr U-Haft, das sie hinter sich haben, wird angerechnet. Nebenklage-Anwalt Roland Weber sagte gegenüber Journalisten, es sei ein „hartes, gerechtes und angemessenes Urteil“. Der Bruder von Maria P. hofft, dass die Familie „endlich etwas zur Ruhe kommt“. Sie sind mit ihrer Kraft am Ende. Die Mutter brach auf dem Weg aus dem Moabiter Kriminalgericht zusammen.
Der Fall aber bleibt umstritten. Die Anwälte hatten auf Freispruch plädiert. Weil nicht klar sei, wer warum am Tatort war und was gemacht habe. Auch ein schrecklicher Unfall sei nicht ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird den Fall prüfen müssen, die Anwälte kündigten Revision an. Kerstin Gehrke
Kerstin Gehrke
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