Brandenburg: Oldtimer unter der Spree
Zum Abbau ihres Fahrzeugmangels setzt die BVG auf eine Museumsbahn: Auf der neuesten U-Bahn-Linie sollen die ältesten Züge fahren. Sie stammen noch aus den 1950er-Jahren
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Berlin - Eine prekäre Lage erfordert ungewöhnliche Schritte. Weil sie zu wenig Züge hat, will die BVG jetzt – ausgerechnet auf ihrer neuesten Linie – ihre ältesten Fahrzeuge einsetzen, die fast 60 Jahre alt sind. Dazu sollen Fahrzeuge reaktiviert werden, die bereits als Museumszug unterwegs waren. Die BVG braucht bis 2033 knapp drei Milliarden Euro, um alte Züge ersetzen und zusätzliche für die wachsende Stadt kaufen zu können. Auch in die Busflotte müssen rund eine Milliarde Euro gesteckt werden. Weitere Millionenbeträge könnten für die Straßenbahn fällig werden; vor allem, wenn es neue Strecken geben sollte.
Wie das Geld aufgetrieben wird, ist noch nicht entschieden. Der Senat hat bisher bei der U-Bahn lediglich 58 Millionen Euro lockergemacht, was für den Kauf von elf Zügen reicht. Weitere Mittelzusagen gibt es noch nicht. Weil die Zeit drängt und die vorhandenen Fahrzeuge so gerade noch für den Normalbetrieb reichen, hat die BVG bereits einen anderen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen.
Mit den 58 Millionen Euro kauft sie Züge aus einer Serie mit schmalen Fahrzeugen für die Linien 1 bis 4 und setzt sie – nach einem Umbau – auf den Linien 5 bis 9 ein, wo die Züge breiter sind. Weil auf diesen Linien der Fahrzeugmangel besonders groß ist, will die BVG die vergleichsweise „jungen“ Fahrzeuge aus den 1970/80er-Jahren auf der U55 (Hauptbahnhof-Brandenburger Tor) durch ihre Oldtimer ersetzen, die 1957 zum ersten Mal fuhren.
Diese seien dort „ideal aufgehoben“, sagte Werkstattleiter Martin Süß. Auf der nur 1,8 Kilometer kurzen Stummelstrecke, die – noch – keinen Anschluss ans Netz hat, fahren die Züge nur wenige Kilometer im Jahr. Zudem würden sie dort nicht besonders beansprucht. Aus der Not heraus will die BVG die U55 mit ihren modernen und pompösen Bahnhöfen so zu einer Art Museumsbahn machen. Entschieden sei dies aber noch nicht, sagte Süß. Die Idee habe aber Charme.
Im Tunnel der U 55 stehen drei Züge mit je zwei Wagen. Laut Fahrplan ist nur ein Zug erforderlich, die beiden anderen bilden die – teure – Reserve. Würden alle Einheiten durch die Oldtimer ersetzt, könnten auf den anderen Linien mehr Fahrten angeboten werden, sagte Süß. Die alten Züge wolle man dort nicht mehr fahren lassen.
Derzeit sind sie bei dem Bahnunternehmen FWM in Hennigsdorf abgestellt, weil wegen des Umbaus der BVG-Werkstatt Friedrichsfelde dort der Platz fehle, sagte Süß. Vor einem Einsatz auf der U55 müssten die Fahrzeuge noch den heutigen Sicherheitsanforderungen angepasst werden. Ihre alten grünen Polstersitze sollen sie aber behalten. Bis auf einen beschmierten Zug, der neu lackiert werden müsste, seien sie in einem Top-Zustand.
Während neue U-Bahnen vom Land finanziert werden sollen, muss die BVG nach den Vorgaben des Senats Straßenbahnen und Busse selbst finanzieren – über den Verkehrsvertrag und die Fahrgeldeinnahmen, heißt es in einer Vorlage der Verkehrsverwaltung an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Der Vertrag mit dem Senat endet 2020. Während die Höhe der künftigen Zahlungen, mit denen die BVG auch die neuen Fahrzeuge kaufen soll, nicht feststeht, bastelt man schon kräftig an der nächsten Erhöhung der Fahrscheinpreise. Klaus Kurpjuweit
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