Brandenburg: Paar ließ Sohn fast verhungern Prozess um versuchten Mord an Dreijährigem
Frankfurt (Oder) - Wegen versuchten Mordes an einem Kleinkind müssen sich der Vater des Jungen und seine ehemalige Lebensgefährtin seit gestern vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verantworten. Der 30-jährige Michael B.
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Frankfurt (Oder) - Wegen versuchten Mordes an einem Kleinkind müssen sich der Vater des Jungen und seine ehemalige Lebensgefährtin seit gestern vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verantworten. Der 30-jährige Michael B. und die 26 Jahre alte Jenny S. aus dem Raum Beeskow sollen dem damals dreijährigen Kind im Jahr 2006 so wenig zu essen gegeben haben, dass es fast verhungert wäre. Der Junge habe am 5. Oktober 2006 nur noch 11,3 Kilogramm gewogen. Die Anklage sieht das Mordmerkmal der Grausamkeit erfüllt, zudem hätten die Angeklagten eine Straftat verdecken wollen.
„Nur durch Zufall lebte das Kind zu diesem Zeitpunkt noch“, sagte der Staatsanwalt. Eine Verwandte hatte den laut Anklage „dramatisch abgemagerten“ und apathischen Jungen zufällig gesehen und das Jugendamt informiert. Die Angeklagten sollen dem Jungen „völlig erbarmungslos“ nur dann ausreichend zu essen gegeben haben, wenn er alle Aufgaben und Anforderungen wie von ihnen gewünscht erfüllt habe. Das Kind habe Schmerzen und Todesangst gehabt. Obwohl dem Paar bewusst gewesen sei, dass das Kind in Lebensgefahr war, sei es aus Angst vor Strafverfolgung nicht zum Arzt gegangen.
Jenny S. sagte im Gericht, dass der Junge ständig nach Essen verlangt habe. Sie habe die Portionen reduziert, weil die Großmutter des Kindes ihn immer „vollgestopft“ habe. „Wir gaben ihm Obst statt Chips“, sagte die 26-Jährige, die noch eine eigene Tochter hat. Sie stritt aber ab, dass sie und der Vater das Kind mit Essensentzug erziehen wollten.
Im Nachhinein zweifle sie daran, ob es richtig war, dem Jungen zu wenig zu essen gegeben zu haben. Auf die Frage des Richters, warum sie nicht zum Arzt gegangen sei, sagte die Frau: „Ich weiß nicht.“ Offen blieb auch, warum die Angeklagten das Kind aus dem Kindergarten nahmen, als dort im Sommer 2006 eine Reihenuntersuchung anstand. Die Kindergartenleiterin hatte sich zuvor wegen des Zustands des Jungen an eine Kinderärztin gewandt.
Die Staatsanwaltschaft hatte das Paar zunächst beim Amtsgericht Fürstenwalde wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Der dortige Richter erweiterte die Vorwürfe auf versuchten Mord und verwies das Verfahren an das Landgericht, das für die Verhandlung von Kapitalverbrechen zuständig ist. Seit September sitzen die beiden Angeklagten in Untersuchungshaft.
Laut Gericht geht es dem Kind, das in einer Pflegefamilie lebt, heute wieder gut. Dar Prozess wird am Montag fortgesetzt, ein Urteil soll am 18. Dezember verkündet werden. Jörg Schreiber
Jörg Schreiber
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