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Medienkampagne "leiben sie kinder mehr als ihnen lieb ist" - ein Präventionsprojekt gegen Pädophilie der Charité in Berlin.

© Liesa Johannssen/ dpa

Brandenburg /Havel: Pädophiler bedrängt Kinder - Polizei machtlos

Ein vorbestrafter 45-Jähriger spricht Jungen und Mädchen in Potsdam und Brandenburg/Havel an. Einen Jungen soll er mit Geschenken umgarnt und bereits alleine getroffen, geküsst und umarmt haben. Da die Polizei machtlos ist, griffen zwei Brandenburger kürzlich zur Selbstjustiz.

Er gibt offen zu, pädophil zu sein und dass er versucht, Kinder in seine Wohnung zu locken - und trotzdem darf sich der vorbestrafte Mann frei bewegen. Der 45-Jährige aus dem Rhein-Main-Gebiet, der seit Februar in Brandenburg/Havel lebt, soll mehrfach Kindern nachgestellt haben – auch in Potsdam.

Wegen der Verbreitung von Kinderpornografie war der Mann in Rheinland-Pfalz zu sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Eigentlich wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, doch er verstieß gegen die Auflagen, bedrängte unter anderem ein Mädchen, und musste die Haft letztlich doch verbüßen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Frankfurt-Preungesheim zog er nach Brandenburg/Havel, angeblich weil er wegen seiner Neigung keine Wohnung gefunden haben soll.

Er fotografiert die Kinder, die an seiner Wohnung vorbeilaufen

Zu einer konkreten Straftat kam es bislang nicht, doch Medienberichten zufolge suchte er an Kindergärten und Spielplätzen in Brandenburg/Havel den Kontakt zu Kindern. Ende Mai soll er zudem in Potsdam-Babelsberg ein Mädchen vor der Kita St. Antonius angesprochen haben - die Polizei war am Montagnachmittag für eine Stellungnahme dazu nicht mehr zu erreichen. Auch ob das örtliche Jugendamt von dem Fall weiß, war von der Verwaltung nicht zu erfahren. Grundsätzlich gelte aber, dass es keine Pflicht für Eltern gebe, solche Fälle dem Jugendamt oder der Schulverwaltung mitzuteilen, sagte ein Sprecher. „Wir empfehlen den Kitas und Grundschulen, sich in solchen Fällen sofort an die Polizei zu wenden und das Gespräch mit den betroffenen Eltern und Kindern zu suchen.“

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde der Mann in seiner Kindheit von seinem Vater missbraucht. 2009 unterzog er sich einer chirurgischen Kastration, offenbar aber nicht mit dem gewünschten Effekt. Einer Zeitung erzählte er, dass er alle Kinder fotografiere, die auf dem Weg zu Kita oder Grundschule an seiner Wohnung in Brandenburg/Havel vorbeikämen. Einen Fünfjährigen umgarne er schon länger mit Geschenken, hinter lasse ihm Zettelchen im Briefkasten und am Fahrrad. Sechsmal habe er den Jungen schon alleine getroffen, ihn geküsst und umarmt. Ihn in die Wohnung zu locken sei ihm aber noch nicht gelungen, sagte der 45-Jährige. Auch bei dessen kleiner Schwester habe das zu seinem Bedauern noch nicht geklappt.

Mutter bewirkt Annäherungsverbot von 50 Metern

Der Zeitung zufolge erwirkte die Mutter am Familiengericht, dass der Pädophile einen 50-Meter-Abstand einhalten muss - offenbar umsonst. Trotzdem soll er den Jungen erneut beschenkt haben. Aus der Polizeidirektion West hieß es hingegen, das Annäherungsverbot werde polizeilich überwacht und notfalls auch zwangsweise durchgesetzt.

Die Polizei sei in diesem Fall relativ machtlos, sagte der stellvertretende Sprecher des Brandenburger Innenministeriums, Wolfgang Brandt, den PNN. Der Mann habe vom Gericht keine Führungsauflagen bekommen, verstoße derzeit also nicht gegen geltendes Recht. Die Polizei könne nur die sogenannte Gefährderansprache praktizieren - also mit ihm sprechen und so versuchen, ihn von seinem Tun abzubringen. Auch die Beschattung des Mannes sei nicht erlaubt, sagte Brandt. „Die Kollegen sind über die Situation nicht glücklich.“ Derzeit liefen drei Strafverfahren gegen den Mann, zwei in Potsdam, eines in Cottbus. Details nannte Brandt nicht.

Ermittlungen wegen Kinderpornographie und Nachstellung

Ein Sprecher der Polizeidirektion West sagte, gegen den Mann werde seit Mitte Mai wegen Kinderpornografie und seit Juli wegen Nachstellung ermittelt. Es gebe dichte Kontrollen, die mit dem sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt abgestimmt seien. Weitere Maßnahmen fielen in den Kompetenzbereich der Stadt Brandenburg als Ordnungsbehörde.

Diese sei umfassend informiert. Die polizeilichen Maßnahmen seien ausgeschöpft, weil der Mann seit seiner Entlassung keiner Führungsaufsicht unterliege. Die Staatsanwaltschaft in Cottbus will unterdessen durch einen Sachverständigen klären, ob der Mann möglicherweise eingewiesen werden muss. Der Fall führte inzwischen offenbar zu einem Akt der Selbstjustiz in Brandenburg/Havel: Zwei Männer sollen den Pädophilen in seiner Wohnung aufgesucht und ihn verprügelt haben. Der 45-Jährige erstattete daraufhin Anzeige, die Polizei ermittelt gegen Unbekannt.

Katharina Wiechers

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