Brandenburg: „Panzer-Fun für jedermann“
Zwei Brandenburger donnern im eigenen Schützenpanzer über die Äcker und bieten Rundfahrten an
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Zwei Brandenburger donnern im eigenen Schützenpanzer über die Äcker und bieten Rundfahrten an Von Jörg Schreiber Herzberg - Mit mehr als 50 Kilometern pro Stunde jagt der Panzer über den märkischen Acker hinter Herzberg bei Beeskow. Die Ketten schleudern Erdklumpen zwei Meter in die Höhe. Aus dem Auspuff stieben graue Wolken, die Luft riecht nach Diesel. Keine noch so tiefe Feldkuhle kann den elf Tonnen schweren Stahlkoloss aufhalten. Panzerfahrer Silvio Klaue guckt oben aus der Luke – er hat den Tank, einen tschechischen BMP 1, fest im Griff. Nach mehreren Runden über das zwei Hektar große Gelände steuert der 32-Jährige das sieben Meter lange Kettenfahrzeug wieder sicher in den selbst gebrauten Carport. Klaue und sein Kollege André Koltermann (34) haben sich den Schützenpanzer Ende vergangenen Jahres quasi als Weihnachtsgeschenk zugelegt. „Wir hatten schon seit 1990 diesen Wunsch, jetzt hat es endlich geklappt“, sagt Koltermann. Dabei sei es „nicht so einfach“, einen Panzer zu kaufen. Zwei Jahre und unzählige Behördengänge habe es gedauert, bis sie den Koloss mit einem Tieflader aus Tschechien nach Deutschland holen konnten. Damit sind sie nach eigenen Angaben die ersten Brandenburger, die Ausfahrten im privaten Schützenpanzer anbieten. In Beerfelde bei Fürstenwalde gibt es noch zwei Brüder, die einen Bergepanzer vom Typ T 55 besitzen. Vor der Überführung nach Deutschland musste der BMP 1 wie vorgeschrieben komplett demilitarisiert werden. Das Maschinengewehr und alle anderen Waffen wurden abmontiert. Selbst die Panzerung erhielt an einigen Stellen Löcher, die aber mit Blech verkleidet und damit kaum sichtbar sind. Jetzt ist nur noch die Attrappe eines MG oben am Turm angebracht. Von Kriegsverherrlichung wollen die beiden Männer nichts wissen. Es gehe allein um den Fahrspaß im Gelände, sagt Koltermann. Seine Frau Dina kann die Leidenschaft ihres Mannes nicht so ganz teilen. „Das ist mehr ein Hobby für Männer, ich toleriere das aber“, sagt sie. Immerhin kostet der Panzer jede Menge Zeit und Geld. Klaue und Koltermann hatten für den sehr gut erhaltenen und erst 100 Kilometer gefahrenen BMP 1 von 1995 „den Preis eines nagelneuen deutschen Mittelklassewagens“ zahlen müssen. Zudem verbrauche der Panzer 2 bis 3 Liter Diesel pro Kilometer. Auch Ersatzteile seien teuer und schwer zu bekommen. In Deutschland gebe es die Teile überhaupt nicht mehr, ohne Beziehungen gehe da nichts. Wenigstens könne man an dem Panzer noch viel selbst rumschrauben. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Panzerfahrer Klaue, der nach der Wende bei der Bundeswehr alte NVA-Panzer überführte und später russische „Ural“-Lastwagen sammelte. Unter dem Motto „Panzer-Fun für jedermann“ kutschiert er jetzt Mutige im BMP 1 übers Feld. Bis zu acht Personen können hinten auf den einstigen Motschützen-Sitzen Platz nehmen. „Das ist nicht schlimmer als Achterbahn fahren“, sagt Koltermann. Klaue ergänzt, dass die Passagiere vor dem Trip über den märkischen Acker eingewiesen werden und auch eine Panzerhaube erhalten. „Sicherheit ist uns sehr wichtig“, sagt er. Erste Rundfahrten hat es bereits gegeben, wie die beiden sagen. Noch ist es kalt, aber es seien schon sehr viele Buchungen für das Frühjahr eingegangen, fügt Koltermann hinzu. Er plant den Umbau einer Scheune zum Gastraum mit militärischem Ambiente. Requisiten wie Uniformen, alte Karossen und ein Pilotenhelm sollen dort dokumentieren, wie es in der Armee aussah. Auch was Panzer betrifft, haben die Männer noch Visionen: „Ein T 72 wäre mal was“, sagt Klaue. Aber das sei eine Geldfrage.
Jörg Schreiber
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