Brandenburg: Parlamentarisches Pleiten-Theater
Kurz vor der Wahl will der Landtag den Schlussstrich unter zwei gescheiterte Landes-Unternehmen ziehen, doch die Parteien streiten über die Schuldigen
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Kurz vor der Wahl will der Landtag den Schlussstrich unter zwei gescheiterte Landes-Unternehmen ziehen, doch die Parteien streiten über die Schuldigen Potsdam - Kommende Woche will der Landtag einen Schlussstrich unter zwei der größten Affären Brandenburgs ziehen: die kostspieligen Pleiten zweier Unternehmen, an denen das Land beteiligt war. Auf seiner 100. und letzten Sitzung vor der Landtagswahl am 19. September wird er nächsten Donnerstag über die Abschlussberichte der Untersuchungsausschüsse zur Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und zur Chipfabrik in Frankfurt (Oder) debattieren. Zu befürchten ist, dass der Wahlkampf die auf gut vier Stunden angesetzte Debatte überschatten wird – wie zuvor schon die Arbeit der Untersuchungsausschüsse. Die bisher nicht im Landtag vertretenen Grünen prophezeien sogar eine „große Blamage“: Denn die politisch Verantwortlichen für die Pleiten würden in den Berichten der Untersuchungsausschüsse und erst recht nicht bei der Debatte im Landtag benannt. Man schiebe die Schuld auf „bereits politisch Herausgekegelte“. Besonders peinlich ist nach Ansicht der Grünen, dass der Untersuchungsausschuss zur LEG-Pleite von vornherein auf die übliche Bewertung verzichtet – ein in der Geschichte des bundesdeutschen Parlamentarismus einmaliger Fall. Tatsächlich konnten und wollten sich die Koalitionspartner SPD und CDU mit Blick auf die Landtagswahl nicht auf ein gemeinsames Votum einigen. Deshalb legen nun alle Landtagsparteien eigene, natürlich auch wahlkampfbeeinflusste Bewertungen vor: Die SPD sieht die Hauptursache für das Scheitern der LEG in ihrem knapp 50-seitigen Bericht vor allem im Missmanagement der Geschäftsführung. Dem Aufsichtsrat weist sie wegen ungenügender Kontrolle Mitverantwortung zu, der SPD-Alleinregierung von 1994 bis 1999 jedoch nicht. Eingeräumt wird lediglich: „Die politische und finanzielle Begleitung der LEG durch die Landesregierungen vor und nach 1999“ hätte „wesentlich intensiver erfolgen müssen“ - eine beschönigende Formulierung. Den Vorwurf einer politisch motivierten Fälschung der 98-er Bilanz auf Druck der SPD-Alleinregierung sieht die SPD nicht bestätigt. Hingegen gehen CDU und PDS in ihren Voten davon aus, dass 1999 sehr wohl politischer Druck auf die Geschäftsführung der LEG ausgeübt wurde, damit in der 98er Bilanz trotz eingetretener Verluste eine schwarze Null dargestellt wird. Die politische Einflussnahme sei direkt durch den damaligen Baustaatssekretär und Aufsichtsratsvorsitzenden Gräf erfolgt, heißt es im sehr detaillierten 160-seitigen Bericht der Christdemokraten. Grund seien die bevorstehenden Landtagswahlen gewesen. Davon abgesehen sieht die CDU die Hauptverantwortung für das Scheitern der LEG im „System Stolpe“: Der frühere Ministerpräsident und heutige Bundesbauminister habe die LEG als „politische Feuerwehr“ für „wirtschaftlich hoffnungslose Projekte mit hohem Verlustpotenzial“ eingesetzt. Er trage deshalb die „herausgehobene Verantwortung“ für das Scheitern. Mitverantwortlich sind laut CDU auch die Ex-Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher, und Wilma Simon, die heutige Finanzministerin Dagmar Ziegler, Ex-Bauminister Hartmut Meyer (alle SPD) sowie mehrere Staatssekretäre und Ministeriale. Schließlich wird auch den ehemaligen Geschäftsführern Heidmann und Pause Mitschuld zugewiesen. Auch die PDS sieht, so der Abgeordnete Ralf Christoffers, „die Hauptschuld für das Scheitern im politischen Bereich“. Mehrere Landesregierungen trügen die Verantwortung. Insbesondere das SPD-geführte Finanzministerium hätte den wahren Zustand der LEG sehr viel früher erkennen müssen. Es spreche nicht für die SPD, wenn sie Fehler in dem Ressort nicht benenne und nicht zur eigenen Verantwortung stehe.
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