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Brandenburg: Pendler-Urteil kann Land 80 Millionen Euro kosten

Fast eine Million Brandenburger und Berliner hoffen auf Rückzahlungen / Platzeck: Weihnachtsgeschenk aus Karlsruhe

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Potsdam/Berlin - Auf Brandenburgs Finanzämter kommt viel Arbeit zu: Etwa 400 000 Steuerpflichtige könnten von dem Karlsruher Urteil zur Pendlerpauschale betroffen sein – und Steuerrückzahlungen geltend machen. Sollten sämtliche Rückerstattungen geltend gemacht werden, müsste das Land für 2007 rund 17 Millionen Euro an Pendler zurückzahlen, für 2008 und 2009 je 33 Millionen Euro, erklärte das Finanzministerium in Potsdam. In Berlin sind rund eine Million Steuerpflichtige betroffen, schätzt Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) – und verspricht, die Ansprüche der Steuerzahler auf Rückerstattungen zügig zu bearbeiten. Gleiches verspricht sein Amtskollege in Potsdam, Rainer Speer (SPD).

Die Steuererstattung wird das Land Berlin mit rund 70 Millionen Euro jährlich belasten, sagte Sarrazins Sprecher Clemens Teschendorf am Dienstag. Die Berliner Finanzämter würden die zu viel gezahlten Steuern so rasch wie möglich erstatten. Gleiches verspricht Brandenburg.

Bis zu einer Neuregelung könnten wieder 30 Cent ab dem ersten Kilometer geltend gemacht werden, sagte Brandenburgs Ressortchef Speer. Zugleich wies er Minister darauf hin, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung nicht verpflichtet sei, die bis 2006 geltende Pendlerpauschale wieder einzuführen. „Damit ist die Politik wieder am Zug“, sagte Speer. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sprach von einem kleinen Weihnachtsgeschenk. Bei einer Neuregelung der Pauschale müsse der Gleichheitsgrundsatz über allen haushaltspolitischen Erwägungen stehen, sagte Platzeck. „Ich will dem nicht vorgreifen. Aber es muss eine Regelung sein, die den Erwartungen aller Pendlerinnen und Pendler gleichermaßen gerecht wird. Daran hat Brandenburg als Pendlerland ein großes Interesse.“ Arbeitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) begrüßten die Entscheidung. Brandenburg als größtes ostdeutsches Flächenland sei besonders betroffen gewesen, sagte Ziegler. Ohne die Entlastung durch die Pendlerpauschale würden mittelfristig noch mehr Brandenburger das Land verlassen. Junghanns sagte, hohe Mobilität der Arbeitnehmer sei ein unverzichtbarer Standortvorteil. CDU und Linke warnten, die Pendlerpauschale durch Tricks zu verwässern. Die CDU-Vorsitzende Johanna Wanka forderte eine Rückkehr zur alten Regelung „ohne Wenn und Aber“.

In Brandenburg pendeln nach Angaben des Finanzministeriums täglich rund zwei Drittel der 860 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Rund 240 000 Menschen – also mehr als ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – pendeln über die Landesgrenzen hinweg zur Arbeit, wie eine Erhebung aus dem Jahr 2007 ergab. Mehr als 168 000 Menschen fahren täglich aus der Mark zur Arbeit nach Berlin. 15 000 Brandenburger pendeln nach Sachsen, knapp 7800 nach Sachsen-Anhalt, fast 6600 nach Mecklenburg-Vorpommern, 2150 nach Thüringen. Die restlichen 38 000 Pendler fahren in westliche Bundesländer zur Arbeit. Hinzu kommt noch etwa ein Viertel der in Brandenburg Beschäftigten, die innerhalb Landes täglich zur Arbeit pendeln.

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt. Experten hatten Preisrückgänge für Bauland im Berliner Umland wegen der Streichung der Pendlerpauschale vorausgesagt. Das ist nun nicht mehr zu erwarten. ball/ddp/dpa/pet

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