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Brandenburg: PNN aus modernerer Druckerei

Ein Rundgang mit Claus Pengel, dem Leiter des Druckhauses Spandau

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Ein Rundgang mit Claus Pengel, dem Leiter des Druckhauses Spandau Zehn Jahre lang wurden die PNN in der GMZ-Druckerei beim Partner Tagesspiegel in Berlin-Tiergarten in der Potsdamer Straße gedruckt. Die heutige Ausgabe ist aus Spandau geliefert worden. Die PNN und auch der Tagesspiegel werden seit gestern dort gedruckt. Das bedeutet für die Leser und Kunden: Höhere Qualität, mehr Farbe, schnellere Abläufe. Mit dem Leiter des Druckhauses Spandau im Brunsbütteler Damm, Claus Pengel, hat Harald Olkus einen Rundgang unternommen. Von Harald Olkus Sobald man das gläserne Foyer des Druckhauses Spandau verlässt und das Hauptgebäude betritt, riecht es nach Druckfarbe. Nicht unangenehm, aber deutlich wahrnehmbar. Dabei geht man gerade einen Korridor entlang, wie er in jeder Behörde sein könnte und ist vom Drucksaal noch weit entfernt. Fünf Fußballfelder groß ist das Druckhaus Spandau des Axel Springer Konzerns. Und seit gestern werden hier die PNN gedruckt. Im Vorzimmer des Druckereileiters hängt schon ein Probedruck im Zeitungsständer – einträchtig neben „Bild“, „BZ“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“, „Bild am Sonntag“ und „Berliner Morgenpost“, aber auch der Süddeutschen und dem „Handelsblatt“ – all diese Blätter werden hier in Gesamt- oder Teilauflagen gefertigt. „Für Tagesspiegel und PNN haben wir extra unsere Halle vergrößert“, sagt Claus Pengel. Die Druckerei musste sich eigens für diesen langfristig angelegten Auftrag auch eine neue Druckmaschine kaufen. Eine Colorman von MAN. „Der Mercedes unter den Druckmaschinen“, meint Pengel. Mit ihr können 48 Seiten im PNN-Format gedruckt werden – gleichzeitig und auf jeder Seite vierfarbig. „Deshalb wird der redaktionelle Teil der PNN vermutlich nicht bunter werden“, schätzt der Druckerei-Leiter. „Aber die Anzeigenkunden werden dieses erweiterte Angebot sicherlich nutzen.“ Mit der nicht einmal zehn Jahre alten Maschine in der Potsdamer Straße wäre das nicht möglich gewesen. Deshalb stand man vor der Entscheidung, eine größere Maschine anzuschaffen oder eben bei Springer drucken zu lassen. Dass die GMZ-Druckerei in der Potsdamer Straße dem konkurrierenden Verlag bereits zu 74,9 Prozent gehörte, hat sicher vieles erleichtert. Auf der Ebene der Geschäftsbeziehungen hat sich somit nicht sehr viel geändert. Für die GMZ-Mitarbeiter schon: 36 von ihnen werden vom Druckhaus Spandau übernommen, einige gehen in den Vorruhestand, andere werden abgefunden. Die neue Maschine in Spandau steht jetzt nicht einfach neben der alten, sie wurde angebaut: In einer Reihe stehen nun acht Maschinen des gleichen Typs mit 24 Drucktürmen und 192 Druckwerken: Mit ihren Treppen und Geländern wirken sie wie ein Ozeandampfer im Trockendock, so hoch wie ein Berliner Mietshaus, so breit wie eine Seitenstraße und so lang wie ein Sportplatz. „Damit drucken wir eine Million Zeitungen am Tag“, sagt Claus Pengel. Und weil es die Gesetze der Zeitungsbranche so wollen, viele gleichzeitig. Ab 17 Uhr werden die ersten Druckplatten belichtet, um 18 Uhr 15 beginnt der Andruck, morgens um 3 Uhr 30 werden die letzten Zeitungen in die Transporter verladen. Tagsüber wirkt die Druckerei eher gespenstisch: In den riesigen Sälen ist kaum ein Mensch zu sehen, obwohl hier immerhin 400 Mitarbeiter beschäftigt sind. Allerdings ist der Betrieb weitestgehend durchrationalisiert – wo es irgend geht, hat die Automatisierung die Arbeit von Menschen übernommen. Claus Pengel arbeitet schon lange für das Haus Axel Springer. Nach einer Ausbildung zum Farb-Lithografen studierte er zunächst Betriebswirtschaft. „Damals nicht unbedingt mit dem Ziel, in der Druckbranche zu bleiben“, sagt er. „Ich hatte mich auch in der Mineralölindustrie beworben.“ Aber durch Zufall bekam er ein Angebot des Springer-Verlags. „Und da passte alles zusammen.“ Pengel arbeitete zunächst in der Druckerei in Ahrensburg. Dann für den Verlag in Spanien. Seit 1992 ist er in Berlin und leitet seit 1993 das Druckhaus in Spandau. Konsequent hat der Springer Verlag in die neueste Technologie investiert: die Druckplatten-Belichtung geschieht im Computer-to-plate-Verfahren, alle sechs Minuten ist eine Platte fertig, dafür werden die Woche über nur zwölf Mitarbeiter benötigt. Die gesamte Papierlogistik von der Anlieferung über die Lagerhaltung bis zum Auspacken und Bekleben der Papierrollen für den automatischen Rollenwechsel in der Druckmaschine wird von nur drei Mitarbeitern pro Schicht bewältigt. Sie werden unterstützt von infrarotgesteuerten, fahrerlosen Transportfahrzeugen, die, wie von Geisterhand geleitet, durch die Halle fahren, Papierrollen und Container an der einen Stelle abholen, um sie auf die Minute genau dort hinzubringen, wo sie gebraucht werden. Alles vollautomatisch Auch die Weiterverarbeitung ist technisch auf dem neuesten Stand: Von 83 Mitarbeitern werden hier an den neun „Newsliner“ genannten Förderbändern Nacht für Nacht acht verschiedene Zeitungen verpackt und verschickt. Das Verladen der Pakete auf die einzelnen Transporter an der Rampe erfolgt, wie die Anlieferung der Papierrollen – vollautomatisch. Stolz ist Pengel auf das Magazin, in dem die vorgedruckten Beilagen auf großen Rollen „gespeichert“ sind, um am richtigen Tag dem Strom der Zeitungen im „Newsliner“ zugeführt zu werden. „Eine solche Anlage in dieser Größe gibt es nur vier Mal auf der Welt.“ Zeitgleich mit der „New York Times“ habe das Druckhaus Spandau sein Printroll-Lager aufgebaut. Das Zentrum einer solchen Druckerei ist aber nicht mehr der Drucksaal, sondern das Büro der drei Disponenten. In ihren Rechnern laufen nicht nur die Informationen zusammen, ein Großteil der „Druckfabrik“ wird von hier aus gesteuert. Das geht bis hin zur Voreinstellung der Farbwerke in der Druckmaschine. „Der größte Teil dieser Einsparungen und Effektivitätssteigerungen beruht aber nicht auf Management-Leistungen“, sagt Pengel bescheiden, „sondern ist auf die technologische Weiterentwicklung in der Druckindustrie zurückzuführen.“ Der Fortschritt in der Branche hat dazu geführt, dass heute halb so viele Mitarbeiter doppelt so viel produzieren wie noch vor zehn Jahren. Bei Springer heißt das, die 400 Mitarbeiter in Spandau verarbeiten im Jahr 70 000 Tonnen Papier, 1990 wurden in der Kochstraße 800 Mitarbeiter gebraucht, um 35 000 Tonnen zu drucken. Mit diesem Rationalisierungsprozess geht auch ein ständiger Konzentrationsprozess bei den Zeitungsdruckereien einher. „Die Verlage werden in Zukunft in den technischen Bereichen immer mehr miteinander kooperieren“, meint Claus Pengel. So werde das Beispiel der PNN zur Kostensenkung vermutlich Schule machen. „Ich könnte mir vorstellen, dass sich regional künftig noch häufiger einzelne Verlage um ein zentrales Druckhaus gruppieren, das nicht nur eine Zeitung produziert.“ Das Druckhaus Spandau könnte nach den Vorstellungen seines Leiters eine solche Druckerei werden. Inhaltlich sieht Claus Pengel keine Hürden. „Wir stellen auf Verlagsebene zwar Konkurrenzprodukte her, als Druckhaus verstehen wir uns aber als Dienstleister, dessen Ziel es sein muss, die Bedürfnisse seiner Kunden zu erfüllen.“

Harald Olkus

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