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Brandenburg: Politiker wegen Freikarten unter Verdacht War das Annehmen von Gratis-Eintrittskarten für Sportveranstaltungen unerlaubte Vorteilsnahme?

Berlin/Potsdam – Auf 100 bis 150 Politiker in Berlin und Brandenburg, die Spiele von Hertha BSC und Alba besucht und dabei Freikarten in Anspruch genommen haben, kommt möglicherweise ein Ermittlungsverfahren zu. Es geht um den Verdacht der Vorteilsannahme.

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Berlin/Potsdam – Auf 100 bis 150 Politiker in Berlin und Brandenburg, die Spiele von Hertha BSC und Alba besucht und dabei Freikarten in Anspruch genommen haben, kommt möglicherweise ein Ermittlungsverfahren zu. Es geht um den Verdacht der Vorteilsannahme. Nach Informationen dieser Zeitung überprüft die Berliner Staatsanwaltschaft zurzeit ungefähr 1000 Namen, die bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Alba AG und von Hertha BSC im Februar 2006 in den Unterlagen gefunden wurden.

Vorerst wurde dem Vernehmen nach nur ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts abgestellt, um aus den Beweismitteln jene „Amtsträger“ herauszufiltern, denen angeblich „Vorteile in Form von Freikarten und Bewirtungsleistungen“ gewährt wurden. Die Prüfung könne „noch Monate dauern“, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde auf Anfrage. In jedem Einzelfall müsse geklärt werden, ob der Besuch der Sportveranstaltungen einen dienstlichen Bezug gehabt habe, genehmigt wurde oder möglicherweise schon verjährt sei.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass auch Brandenburger Politiker, die mit Freikarten in der Tasche nach Berlin gereist sind, überprüft werden. „Ob allerdings ein Anfangsverdacht besteht und gegebenenfalls für wen, muss noch geklärt werden.“

Die Zahl von 100 bis 150 Amtsträgern, deren Besuche bei Hertha BSC und Alba dem für Wirtschaftskriminalität und Korruption zuständigen Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra verdächtig erscheinen, wurde weder dementiert noch bestätigt. Derzeit wollen die Ermittler öffentlich keine Prognosen abgeben. „Wie in bedeutsamen Fällen üblich und vorgeschrieben“, so die Staatsanwaltschaft, sei der Generalstaatsanwalt „auf dem Berichtsweg“ über die Vorermittlungen informiert worden. Es gibt Gerüchte, dass die Ermittler rechtzeitig zur Fußball-WM erste Ergebnisse präsentieren könnten.

Die Betroffenen schauen irritiert, vielleicht auch ein bisschen amüsiert, auf das große Engagement der Ermittlungsbehörde. „Der Senat hat als Eigentümer der Max-Schmeling-Halle und des Olympiastadions einen Anspruch auf Freikarten“, erklärte die Berliner Sportverwaltung. Der Eigentümer müsse sich nun mal nicht einladen lassen. Diese Regelung gelte seit Jahrzehnten. Die Vergabe von Freikarten sei auch kein Geheimnis, sondern vertraglich festgeschrieben und auch in anderen Bundesländern absolut üblich.

Das Unternehmen Alba, Sponsor des gleichnamigen Basketballvereins, verzichtet „aus Respekt vor der Berliner Justiz“ vorläufig darauf, Politiker zu den Spielen einzuladen. „Aber wir haben uns nichts vorzuwerfen und finden die bisherige Praxis der Vergabe von Freikarten okay“, sagte Alba-Sprecher Axel Bahr. Gegen Alba und Hertha BSC ermittelt die Staatsanwaltschaft mit ihrer groß angelegten Aktion wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung. Vergleichbare Ermittlungen, die unterstellen, dass Freikarten für Amtsträger eine Belohnung sind, um die Dienstausübung zu beeinflussen, hat es bundesweit noch nie gegeben.

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