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© dpa-Zentralbild

Schönfließ: Polizist wird wegen Totschlags angeklagt

Die Ermittlungen zu den Schüssen von Schönfließ sind beendet. Drei Berliner Zivilfahnder haben sich für die tödlichen Schüsse auf den Intensivstraftäter Dennis J. am Silvesterabend 2008 vor Gericht zu verantworten.

Schönfließ – Mehr als ein Jahr haben die Ermittlungen gedauert, jetzt liegt die rund hundert Seiten umfassende Anklageschrift beim Landgericht Neuruppin. Dort werden sich die drei Berliner Zivilfahnder nach den tödlichen Schüssen auf den Serienstraftäter Dennis J. im brandenburgischen Schönfließ am Silvesterabend 2008 zu verantworten haben. Gegen Reinhard R. (35) hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Totschlags erhoben, gegen seine beiden Kollegen wegen versuchter Strafvereitelung im Amt. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest.

„Dem Hauptbeschuldigten wird zur Last gelegt, J. bei dem Festnahmeversuch erschossen zu haben“, sagte Staatsanwältin Lolita Lodenkämper. Die anderen Beamten sollen mit unwahren Angaben versucht haben, eine Bestrafung ihres Kollegen zu verhindern. Die Anklagebehörde kann keinen „Rechtfertigungsgrund“ wie Notwehr für die Tötung des mit Haftbefehl Gesuchten erkennen. Der „unbedingte Festnahmewille“ habe bei Reinhard R. zur Tat geführt, hieß es. Denn der Polizist war Dennis J., auf dessen Konto 160 Straftaten vom Einbruch bis zur gefährlichen Körperverletzung gingen, schon lange auf der Spur. Zweimal war der 26-jährige Neuköllner den Fahndern entwischt. Schließlich bekamen die Polizisten am Silvesterabend 2008 den Tipp, J. sei in Schönfließ.

„Unsere Ermittlungen haben den von uns für wahrscheinlich gehaltenen Tatablauf mit hinreichender Sicherheit erhärtet“, sagte Lodenkämper. Demnach stand J, mit einem gestohlenen Jaguar in einer Parkbucht und wartete auf seine Freundin, der Motor lief nicht. Die Fahnder fanden ihn, Reinhard R. ging zum Wagen, nach einem Wortwechsel gab er den ersten tödlichen Schuss durch die Scheibe ab, sieben weitere Schüsse folgten. Der Gesuchte konnte noch den Wagen anlassen und losfahren, erlag dann einem Lungensteckschuss.

Seine Kollegen hatten nach den Vorfall zunächst ausgesagt, nichts mitbekommen zu haben, obwohl sie „bei Schussabgabe nur wenige Meter vom Hauptangeschuldigten entfernt waren“. Dadurch seien die Ermittlungen erschwert worden, hieß es. Die Staatsanwaltschaft wies damit Vorwürfe zurück, dass sie das Verfahren in die Länge gezogen habe. Vielmehr hätten eine aufwändige Rekonstruktion der Tat und sechs Gutachten erstellt werden müssen. Auch der CDU-Innenexperte Sven Petke nahm die Staatsanwaltschaft in Schutz. Die lange Ermittlungszeit liege an der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Fahnder. Er forderte von Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) disziplinarrechtlichen Maßnahmen. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Kameraderie unter Polizeibeamten Vorrang vor Aufklärung hat.“ Körting will dazu nicht Stellung nehmen. Zu laufenden Verfahren äußere er sich nicht, sagte seine Sprecherin. Bei der Polizei hieß es, dass über dienstrechtliche Maßnahmen erst nach einer Verurteilung entschieden werde. Reinhard R. ist derzeit vom Dienst suspendiert, die Mitangeklagten nicht. Dabei bleibt bis zum Urteil. Von einem zwischenzeitlich aufgehobenen Haftbefehl gegen R. sieht die Staatsanwaltschaft weiterhin ab, „wegen familiärer und beruflicher Bindungen“ bestehe keine Fluchtgefahr.

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