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Brandenburg: Praktisch, farblos

Teltow gilt als funktionale Wohnstadt. Doch bald soll sie auch „mediterranes Flair“ vermitteln

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Wenn Thomas Schmidt am Ufer des Teltow-Kanals steht, denkt er an „mediterranes Flair“. Vor seinem geistigen Auge ist schon fast alles fertig: An den zahlreichen Anlegern dümpeln Jachten, das Gesicht der Sonne zugewandt genießen Urlauber Kaffee und Kuchen, immer wieder bummeln einige Gäste die wenigen Meter bis zur Altstadt. Das Projekt Stadthafen ist Schmidts Herzensangelegenheit. „Wenn alles glatt läuft, können wir vielleicht Anfang 2014 den ersten Spatenstich setzen“, spekuliert Teltows SPD-Rathauschef.

Noch steckt das Projekt in der Anfangsphase. Der Rathauschef schätzt die Kosten auf vier bis fünf Millionen Euro. Schmidts Absicht ist einleuchtend. Die funktionale, aber auf den ersten Blick nüchterne Wohnstadt soll eine hübsche Note bekommen. Die kleine Altstadt, in deren Mitte Schmidt residiert, ist zwar schön restauriert, aber wer auf der Hauptstraße, der Potsdamer Straße, Teltow durchquert, muss schon aufpassen, um die richtige Zufahrt nicht zu verpassen. Außer zu Veranstaltungen herrscht rund um den Marktplatz meist tote Hose, eine nahe Anlegestelle mit Gastronomie könnte die Altstadt beleben, so die Hoffnung. „Der Kanal soll als Erlebnisraum erschlossen werden, um den Lebensstandard zu erhöhen“, bestätigt Schmidt.

Nicht dass sich Teltow über mangelnden Zuspruch beklagen könnte. Seit der Wende hat sich die Einwohnerzahl von rund 15 000 auf mehr 24 000 erhöht. Vor allem mit dem S-Bahnanschluss vor sieben Jahren hat es viele Berliner nach Teltow verschlagen. Für 2030 rechnet das brandenburgische Landesamt für Bauen und Verkehr mit einer weiteren Zunahme um 31 Prozent gegenüber dem Jahr 2010 auf dann 29 500 Einwohner. Damit befindet sich die Stadt nach Potsdam und Schönefeld auf Platz 3 der Wachstumsorte im Land. Zusammen mit den Flächen aus dem Bebauungsplan und noch vorhandenem Verdichtungspotenzial lasse sich wenigstens Platz für rund 28 000 Einwohner schaffen, schätzt Schmidt. Das muss reichen: „Was wir nicht wollen, ist, mit Tricksereien Grünland zu erschließen.“

Doch schon jetzt platzt die Stadt aus allen Nähten. Freie Mietwohnungen gebe es praktisch nicht, sagt Schmidt. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft baut gerade 72 neue Wohneinheiten. Auch bei den Kitaplätzen wird nachgerüstet. Das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk schafft gerade rund 80 neue Plätze. Vier Millionen Euro investiert die Stadt in einen Schulhort für 250 Kinder. „Außerdem gehen wir davon aus, dass wir ab 2017 ein bis zwei neue Grundschulzüge brauchen“, berichtet Schmidt. Neu bauen wolle er aber nicht, sich lieber irgendwo einmieten. Man könne ja nicht wissen, wie lange der Bedarf so groß ist, sagt Schmidt. Schließlich spare die demografische Entwicklung Teltow nicht aus.

Ohnehin ist die Infrastruktur nicht mehr Schmidts Hauptsorge: „Die Wahrnehmung für die Altstadt muss neu geweckt werden.“ Dabei helfen soll nicht nur der Stadthafen. 2012 wurde die viel befahrene Potsdamer Straße umgewidmet und der Stadt übergeben. Der Transitverkehr etwa nach Schönefeld rollt über eine Umgehungsstraße. Der Abschnitt der Potsdamer Straße, der an der Altstadt vorbeiführt, soll verkehrsberuhigt und die letzten unansehnlichen Fassaden renoviert werden. mat

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