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Störer. Plakat mit Zusatz.

© privat

Brandenburg: Probleme mit grünen Störern

Oliver Scharfenberg tritt als Parteiloser bei der Kommunalwahl für die AfD an. Mit Zusatzplakaten haben ihn die Grünen nun einfach zum Rechten erklärt. Dagegen will der Politikneuling vorgehen

Von Matthias Matern

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Rangsdorf – Oliver Scharfenberg fühlt sich zu Unrecht in die rechte Schublade entsorgt. Für die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) tritt der parteilose Rangsdorfer am Sonntag bei der Kommunalwahl an. Es ist sein erster Ausflug in die Lokalpolitik. Doch schon hat er bei vielen Wählern seinen Ruf weg, befürchtet der 34-jährige Unternehmer. Über mehrere Plakate mit seinem Konterfei im Wahlkreis hat die Partei Bündnis 90/Die Grünen kleine Zusatzplakate mit dem Slogan „Gegen Rechts Grün wählen“ gehangen. „Da denkt man doch sofort, der ist ein Nazi. Aber ich bin nicht rechts, will keine Stimme von denen und auch nicht mit denen in Verbindung gebracht werden“, beklagt sich Scharfenberg. Obwohl er sich bei den Grünen beschwert hat, hängen einige der Zusatzplakate weiterhin über seinem Abbild – nun erwägt er eine Strafanzeige wegen Verleumdung.

Jochen Franzke, Politikwissenschaftler an der Universität Potsdam, verurteilt eine solche Vorgehensweise ebenfalls: „Ich halte das für einen groben Verstoß gegen die politische Fairness. So etwas sollte man nicht machen“, sagt Franzke. Juristisch bewerten können er den Fall aber nicht. Auch im Büro des Landeswahlleiters Bruno Küpper sieht man durch das Überhängen von Scharfenbergs Plakaten die politischen Anstandsregeln verletzt. Grundsätzliche Vorgaben, wie ein Wahlkampf zu führen sei, gebe es jedoch nicht. Allerdings habe der Betroffene die Möglichkeit, zudem eine Anzeige wegen Sachbeschädigung zu stellen, sagt Küppers Sprecherin Bettina Cain.

Bei den Grünen dagegen ist man zwar der Meinung, dass Kandidaten der AfD selbst schuld sind und sich nicht so haben sollten, dennoch sei die Vorgehensweise natürlich nicht in Ordnung – verantwortlich sein will aber keiner. „Das war eine Aktion vom Landesverband und war nicht im Detail vorher abgesprochen. Ich habe damit nichts zu tun“, sagt etwa der Kreisvorsitzende der Grünen im Kreis Teltow-Fläming, Gerhard Kalinka. Indes sei die AfD aus seiner Sicht nicht rechts, doch würden viele in der Partei mit entsprechendem Gedankengut sympathisieren. Und schließlich sei das Zusatzplakat seiner Partei nur „ein bisschen rübergerutscht“. „Da muss man nicht zu weinerlich sein“, findet Kalinka. Scharfenberg selbst aber kenne er nicht, räumt der Grünen-Kreischef ein.

Wie die Grünen zu einer solchen Auffassung kommen, sei ihm absolut schleierhaft, so der Politikneuling Scharfenberg. Es sei weder das Gespräch mit ihm gesucht worden noch habe er jemals eine Aussage gemacht, die solche Rückschlüsse zulassen würde, versichert Scharfenberg. „Im Gegenteil. Ich habe sogar schon ehrenamtlich in der Türkei gearbeitet. Dort gemeinsam mit der Dorfbevölkerung die Wasserversorgung in der Region Balikesir aufgebaut“, berichtet der Neu-Rangsdorfer. Erst im vergangenen Jahr war Scharfenberg mit seiner Familie aus Berlin ins Brandenburgische gezogen. Querelen mit der Stadt und dem örtlichen Versorger um den Wasseranschluss für sein neu gebautes Haus hätten ihn letztlich bewogen, sich politisch zu engagieren. „Mein Frau hat zu mir gesagt: Rede nicht nur, sondern mach was.“

Dass Scharfenberg bei der AfD gelandet ist, ist offenbar der Not geschuldet. Die von ihm gegründete Bürgerinitiative „Die Rangsdorfer“ hatte einfach nicht genügend Kandidaten gefunden. „Da kam die AfD auf uns zu und hat mich gefragt, ob ich nicht für sie kandidieren will.“ Dass die Partei zumindest bei überregionalen Themen wie der Einwanderung nachweislich auch am rechten Rand auf Stimmenfang geht, hat Scharfenberg nicht abgehalten. „Ich habe gesagt, ich gucke mir die Leute erst mal an und bilde mir dann meine Meinung. Was ich extrem gut finde an der AfD ist, dass sie den Fraktionszwang ablehnt und Politik des gesunden Menschenverstandes machen möchte “, sagt Scharfenberg.

Insgesamt drei Zusatzplakate über Scharfenbergs Konterfei hat Grünen-Kreischef Kalinka nach dessen Protest bereits entfernt. Was mit den anderen ist, bleibt offen. Bei den Grünen heißen solche Slogans „Störer“. „Die kommen vom Bundesverband. Wir haben unsere Leute aufgerufen, damit vor allem gegen die NPD vorzugehen. Wo die Störer hängen, entscheiden aber die Kreisverbände“, erläutert Simon Zunk, Sprecher des Grünen-Landesverbandes. Allerdings sei die AfD vielleicht keine rechte, aber doch eine rechtspopulistische Partei. Letztlich aber haben wir Herrn Scharfenberg ja nicht verunglimpft, so Zunk. Das sieht auch Kalinka so: „Rechts ist ja nichts Ehrenrühriges.“ Matthias Matern

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