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Brandenburg: Prozess gegen JVA-Aufseher fortgesetzt

Potsdam - Im Prozess um die angebliche Misshandlung eines Häftlings der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel durch mehrere Bedienstete hat dieser als Zeuge den Hauptangeklagten schwer beschuldigt. Der heute 43-jährige Mann sei am 4.

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Potsdam - Im Prozess um die angebliche Misshandlung eines Häftlings der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel durch mehrere Bedienstete hat dieser als Zeuge den Hauptangeklagten schwer beschuldigt. Der heute 43-jährige Mann sei am 4. März 1999 „völlig ausgerastet“, sagte der frühere Gefangene gestern vor dem Landgericht Potsdam. Er sei von ihm mehrfach mit der Faust auf den Kopf geschlagen worden. Andere Bedienstete hätten ihm die Arme verdreht. „Ich war kurz vor der Bewusstlosigkeit.“ Ein ehemaliger Mithäftling des mutmaßlichen Opfers sagte gestern, er sei im Vorfeld des laufenden Prozess bedroht worden. Er solle sich als Zeuge „am besten an nichts erinnern“. Von wem er eingeschüchtert worden sei, wollte der 31-Jährige aber nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft drohte ihm daraufhin mit Beugehaft.

Vor dem Landgericht müssen sich elf Männer und zwei Frauen im Alter von 37 bis 53 Jahren unter anderem wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Angeklagten streiten die Vorwürfe ab. Der 38-Jährige berichtete, er habe seinerzeit eine Operation am Ellbogen überstanden und wegen der Vollnarkose unter Angstzuständen gelitten. Er habe einen Arzt aufsuchen wollen, auf sein Klopfen an der Zellentür habe aber über lange Zeit niemand reagiert. Als dann die Tür schließlich doch aufgemacht wurde, sei er am Hauptangeklagten vorbei herausgestürmt. „Ich wollte nur noch raus.“ Dann sei es zu den Misshandlungen gekommen. Danach hatte er 1999 Anzeige erstattet, war aber nach Angaben seines Anwalts, der ihn als Nebenkläger vertritt, zugleich wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte angeklagt worden. Beide Verfahren wurden eingestellt. Der 38-Jährige gab an, Beamte hätten ihm Aussagen in den Mund gelegt.

Der ehemalige Mithäftling des 38-Jährigen berichtete von einem Tumult zur Tatzeit. So will er gesehen haben, wie der Hauptangeklagte auf dem 38-Jährigen kniete und ihn mehrmals mit der Faust und einem Schlüsselbund schlug. Weitere Bedienstete seien dabei gewesen. Der 31-Jährige beschrieb das mutmaßliche Opfer als ruhigen Menschen, der nicht zu Aggressionen geneigt habe.

Die Nebenklage erhob am Rande des Prozesses schwere Vorwürfe gegen Justiz und Politik. Einer der Anwälte des Ex-Häftlings sprach von einem „Justizsumpf“. Seit neun Jahren interessiere es niemanden, was in Gefängnissen passiert. Was seinem Mandanten widerfahren sei, nannte Anwalt Ulrich Dost „Folter“. Er sagte: „Hier funktioniert die Kontrolle des Justizministeriums nicht.“ Leticia Witte

Leticia Witte

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