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An alter Stelle. Der ehemalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky sitzt bereits zum zweiten Mal auf der Anklagebank des Berliner Landgerichts.

© dpa

Von Ewald B. Schulte: Prozess gegen Landowsky & Co. droht zu platzen

Verteidiger werfen allen drei Richtern Befangenheit vor / Gravierende Vorabfestlegung zu Tatvorwürfen

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Berlin - Mit einem letzten Mammutverfahren will die Berliner Justiz die juristische Aufarbeitung des Bankgesellschafts-Desasters abschließen. Elf ehemalige Manager des Konzerns, darunter der frühere Vorstandsvorsitzende der Bankgesellschaft, Wolfgang Rupf, und der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende und Ex-Chef der BerlinHyp, Klaus Landowsky, müssen sich seit Montag im Zusammenhang mit der Initiierung der geschlossenen Immobilienfonds LBB 12 und IBV Deutschland 1 wegen des Vorwurfs der schweren Untreue verantworten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft geht es um Millionenschäden, die von den Angeklagten mit der Gewährung langjähriger Mietgarantien für die beiden Fonds zu Lasten der Bankgesellschaft und damit des Landes Berlin verursacht wurden. Doch der Prozess droht zu platzen. Die Verteidiger werfen der 26. großen Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Claudia Wolter Befangenheit vor.

Bevor das Gericht im großen Sitzungssaal 700 des Landgerichts auch nur die Personalien der Angeklagten aufrufen konnte, musste die Vorsitzende Richterin Claudia Wolter das Verfahren bereits aussetzen. Nahezu alle Verteidiger hatten die Besetzung der Kammer moniert und Befangenheitsanträge gegen Richterin Wolter und ihre beiden Beisitzer Heymann und Weiser vorgebracht. Die 26. Strafkammer insgesamt biete nicht mehr die Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung eines unvoreingenommenen Verfahrens. Sie habe sich vielmehr schon im letzten Jahr wertend zu wesentlichen Aspekten dieses Untreue-Verfahrens geäußert.

Tatsächlich musste sich die 26. Strafkammer schon einmal mit den Fondsaktivitäten der IBG befassen. Seinerzeit hatte die Staatsanwaltschaft gegen Ex-Vorstände der Bank wie Rupf und Landowsky sowie gegen Manager der IBG den Vorwurf der Bilanzfälschung erhoben, weil die die für die Mietgarantien bei den Fondsanlegern erhobenen Gebühren komplett vorab ergebniswirksam in die IBG-Bilanz eingestellt hatten. Aus Sicht der Ankläger hätten diese Einnahmen jedoch nur über die 25jährige Garantielaufzeit in Jahresraten verteilt berücksichtigt werden dürfen. Mit Beschluss vom 31. März 2008 verwarf die 26. Strafkammer jedoch die Bilanzfälschungsanklage der Staatsanwaltschaft. Zwar sei die von der IBG gewählte und von ihren Aufsichtsräten gebilligte Bilanzierungsmethode „eine durchaus zu kritisierende Bilanzkosmetik“, doch stelle die allein „noch keine strafbare Bilanzfälschung“ dar.

Bei dieser Feststellung indes ließen es Richterin Wolters und ihre Beisitzer in ihrer Einstellungsbegründung nicht bewenden. Sie stellten vielmehr ergänzend fest, dass die im Bilanzfälschungskomplex Beschuldigten zwar nicht als „strafbare Initiatoren eines Schneeballsystems“ anzusehen seien. Aber: Sie hätten sich „wie Spieler“ verhalten, „die mit immer höheren Einsätzen auf eine – aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbare – optimistische Immobilienmarktentwicklung vornehmlich der sechs deutschen Bundesländer wetteten.“ Zwar dürften nach Auffassung des Bundesgerichtshofs „ordentliche und gewissenhafte Vorstände“ auch exorbitante Kosten bezahlen, wenn dies wie etwa bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen der wirtschaftlichen Vernunft entsprochen habe und Wettbewerber ähnlich gehandelt hätten. Bei der IGB hingegen, so die 26. Strafkammer in ihrem Beschluss von März 2008, werde „ggf. in einem anderen Verfahren zu beachten sein, dass die von ihr abgegebenen 25-jährigen Mietgarantien als Alleinstellungsmerkmal galten“. Die Anklageschrift zu diesem „anderen Verfahren“ aber – gemeint sind die aktuellen Untreue-Vorwürfe – lag den Richtern der 26. Strafkammer damals längst vor. Die Verteidiger von Rupf, Landowsky & Co. werfen dem Gericht jetzt vor, sich mit ihren damaligen Äußerungen bereits abschließend wertend zu den Sachverhalten geäußert zu haben, die im aktuellen Prozess erst noch zu klären seien. Besonders gravierend sei da die Einordnung eines Teils der aktuell Angeklagten als „Spieler“, denn damit werde suggeriert, dass diese Personen sich bei der Rechtfertigung ihrer Fonds-Entscheidungen wohl kaum auf die Handlungsmaximen eines ehrbaren Kaufmanns berufen könnten. Eine andere Kammer des Berliner Landgerichts muss nun bis Montag über die Befangenheitsvorwürfe gegen die 26. große Strafkammer befinden. Sollten sich diese Richter der Argumentation der Verteidiger anschließen, droht eine erhebliche Prozessverzögerung. Denn dann müsste sich eine andere Strafkammer in den komplizierten Untreue-Komplex völlig neu einarbeiten.

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