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Corpus delicti. Gegen NPD-Funktionär Marcel Zech wird wegen seines Tattoos ermittelt.

© Facebook NPD/Privat, Montage: Andreas Klaer

Berufungsverfahren am Landgericht Neuruppin: Prozess um den braunen Speck geht in die nächste Runde

Weil der NPD-Funktionär und Kreistagsmitglied Marcel Zech sein KZ-Tattoo in einem Schwimmbad zeigte, wurde er wegen Volksverhetzung verurteilt. Nun steht er im Berufungsverfahren wieder vor Gericht. Dort soll der Fall noch einmal aufgerollt und neu bewertet werden.

Stand:

Neuruppin/Potsdam - Der Prozess um das Nazi-Tattoo des Barnimer NPD-Kommunalpolitikers Marcel Zech geht in die nächste Runde. Am Montag (09.30) muss sich der 28-Jährige vor dem Landgericht Neuruppin als Berufungsinstanz verantworten. Er hatte im Prozess vor dem Amtsgericht Oranienburg im Dezember 2015 gestanden, die Tätowierung mit den Umrissen eines Konzentrationslagers und dem Spruch "Jedem das Seine" in einem Schwimmbad der Havelstadt gezeigt zu haben. Er wurde wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Daraufhin legten Verteidigung und Staatsanwaltschaft Berufung ein (AZ: 14 Ns 25/16). Zech sitzt für die NPD im Kreistag Barnim und ist Gemeindevertreter in Panketal.

Ein Journalist, der als Badegast in Oranienburg war, hatte den Prozess erst ins Rollen gebracht. "Ich fand das Tattoo so ungewöhnlich, dass ich es dokumentieren musste", erklärte er im Dezember 2015 vor dem Amtsgericht. Auch weil sonst in der Schwimmhalle kaum einer Anstoß daran nahm, postete er es auf Facebook. "Umso mehr sah ich es als meine Pflicht an, es zu dokumentieren." Zudem bestätigte er, dass Zech einen tätowierten Reichsadler auf dem Bauch trage. Die PNN machten im November 2015 publik, wer sich dieses Tattoo hat stechen lassen. 

Anklage: Zech habe die Massenvernichtung sogar öffentlich gebilligt

Das Tattoo mit den stilisierten Umrissen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der Spruch erforderten eine "deutliche Reaktion des Staates", argumentierte die Anklagebehörde damals. Der heute 28-Jährige handelte aus Sicht der Staatsanwaltschaft aus "tiefer politischer Überzeugung". Er habe mit der Zurschaustellung seines Tattoos das Andenken an die von den Nationalsozialisten Ermordeten verunglimpft, hieß es. Er habe die "Massenvernichtung" damit sogar öffentlich "gebilligt". Die Anklage verlangte deshalb zehn Monate Haft ohne Bewährung.

Die Verteidigung hingegen bestand auf Freispruch. Sein Mandant sei seit seinem Schwimmbad-Besuch einem "enormen Shitstorm" ausgesetzt, meinte dessen Anwalt Wolfram Nahrath. Das sei schon Strafe genug.

Im Neuruppiner Berufungsprozess soll der komplette Fall noch einmal aufgerollt und neu bewertet werden. (dpa/mit PNN)

Hinweis in eigener Sache: Es gibt einen Grund, den Beschuldigten beim Namen zu nennen: Er ist Mandatsträger im Kreistag des Landkreises Barnim und in der Gemeindevertretung Panketal. Auch bei jedem anderen Politiker oder Amtsträger, gegen den ermittelt wird, der vor Gericht steht oder der verurteilt wird, nennen wir den vollen Namen. Und Zech ist daher nicht wie jede andere Privatperson zu behandeln. Das ist normaler journalistischer Umgang in solchen Fällen.

Georg-Stefan Russew

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