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Wassersport in Brandenburg: PS-starke Boote machen Wellen
Auf den Gewässern in Berlin und Brandenburg häufen sich Beschwerden über so genannte Powerboats.
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Potsdam/Berlin - Es war ein folgenschweres Aufeinandertreffen zweier ungleicher Wassersportler, das jetzt auch in Berlin und Brandenburg zu Forderungen nach Konsequenzen führt: Ein 73-jähriger Bootsführer wurde im Juni vom Amtsgericht Kiel zu acht Monaten Haft auf Bewährung und der Zahlung von 10 000 Euro zugunsten der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verurteilt. Er hatte vor zwei Jahren an der Ostsee mit seiner 3600 PS starken Motorjacht einen Surfer überfahren, der dadurch sein linkes Bein verlor. Auch auf den Wasserstraßen der Hauptstadtregion klagen Kanuten, Segler und Anwohner immer häufiger über ein rücksichtsloses Verhalten von Besitzern hochmotorisierter Jachten. Der Landessportbund Berlin (LSB) fordert daher verstärkte Geschwindigkeitskontrollen.
„Die Bootshalter verhalten sich vielerorts rüde gegenüber anderen Wassersportlern. Manche fühlen sich regelrecht in die Enge getrieben“, sagt Peter Hahn vom Landessportbund. Besonders im Fokus der Kritik stehen laut Hahn sogenannte Powerboats, Motorboote mit besonders leistungsstarken Motoren. In der Regel haben solche Boote deutlich über 100 PS. Zwar seien Powerboats in der Region immer noch äußerst selten, doch rund um den Müggelsee und die Dahme entlang bis nach Teupitz (Dahme-Spreewald) würden sich die Beschwerden häufen, so Hahn. „Das sind riesige Schlitten, die offenbar bei einer bestimmten Bevölkerungsschicht en vogue und vor allem aber laut sind.“ Bei den Beschwerden gehe es vor allem um Lärmbelästigung, überhöhte Geschwindigkeit und starke Wellenbildung, so Hahn. Am Montagabend seien Powerboats deshalb erstmals Thema in einer Sitzung der LSB-Wassersportkommission gewesen, der auch die Verbände der Segler, Kanuten und Motorjachthalter angehören. „Es gibt bereits Stimmen, die ein totales Verbot solcher Boote fordern.“
Bei der brandenburgischen Polizei jedoch hält man das Powerboat-Problem bislang nicht für landesweit signifikant. „Das ist nicht wirklich ein Thema. Fahrzeuge, wie das am Unfall in der Ostsee beteiligte Boot, gibt es bei uns nicht. Das wäre auf Binnengewässern auch kein Sportfahrzeug mehr“, sagt Dietmar Keck, Sprecher im Landespolizeipräsidium. Allerdings gebe es am südöstlichen Berliner Stadtrand punktuell Auffälligkeiten mit schnellfahrenden, hochmotorisierten Sportbooten, so der Polizeisprecher. Es seien auch schon einige der Bootsführer geblitzt worden.
Konflikte zwischen Motorboot-Führern und Seglern, Surfern und Kanuten allerdings sind auf den Gewässern in Berlin und Brandenburg beinahe an der Tagesordnung. Vor allem die Möglichkeit, große Abschnitte der hiesigen Wasserstraßen auch ohne Führerschein mit Charterbooten befahren zu können, sorgt immer wieder für Diskussionen. Der brandenburgischen Polizei zufolge waren in der Wassersportsaison 2012 allein im Bereich der Direktion West, also rund um Potsdam und im gesamten Landkreis Havelland, gemietete Sportboote an zwei Dritteln aller Sportbootunfälle beteiligt. Seit knapp einem Jahr dürfen Freizeitkapitäne ohne Bootsführerschein sogar Sportboote mit bis zu 15 PS fahren – bislang waren nur 5 PS erlaubt. Experten zufolge sind damit Geschwindigkeiten von bis zu 30 Stundenkilometern möglich. Dabei darf auf 40 Prozent der Wasserstraßen in der Region ohnehin nicht schneller als zwölf Kilometer pro Stunde und auf weiteren 19 Prozent nicht schneller als 20 gefahren werden. Die Regelsätze für die Bußgelder sind deutlich höher als auf der Straße.
Oft genug werden die Tempolimits von Motorbooten aber nicht eingehalten, behauptet zumindest Karl-Heinz Hegenbart, Vorsitzender des Verbandes Brandenburgischer Segler. „Wenn man 1000 PS hat, muss man die vielleicht auch mal ausreizen“, glaubt er. Das größte Problem aus Sicht der Segler seien die Wellen, die durch die schnellen Motorboote erzeugt werden. „Wir haben hier alle sechs bis sieben Kilometer eine Brücke. Da muss der Mast jedesmal gelegt werden. Deshalb wird der Mast meist gar nicht mehr festgemacht. Gibt es dann starke Wellen, reißen die Halterungen los und es entstehen empfindliche Schäden. Da liegen die Nerven oftmals blank“, so Hegenbart. Matthias Matern
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