Polizisten-Mord in Brandenburg: Psychiater soll mutmaßlichen Dreifachmörder neu begutachten
Er sitzt in einer forensischen Klinik hinter Schloss und Riegel. Spezialisten sollen klären, ob der 24-Jährige für die Tötung seiner Oma und zwei Polizisten nicht doch zur Verantwortung gezogen werden kann. Am Dienstag wurde der Mann festgenommen.
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Frankfurt (Oder) - Zwei Tage nach dem Tod einer 79-Jährigen und zweier Polizisten in Oder-Spree soll der mutmaßliche Mörder nochmal psychiatrisch begutachtet werden. "Die Feststellung zur Schuldunfähigkeit kann für seine jetzigen Taten nicht übernommen werden. Wir müssen wissen, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, ob er nicht möglicherweise teilschuldfähig war", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), Ingo Kechichian, am Donnerstag.
Gegen den 24-Jährigen, der am Dienstag in Müllrose (Oder-Spree) erst seine Großmutter getötet und dann in Oegeln bei Beeskow die beiden Polizisten überfahren hatte, wurde vom Amtsgericht Frankfurt (Oder) die Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie angeordnet. Er sei in die forensische Klinik nach Brandenburg/Havel gebracht worden, ergänzte Kechichians Kollegin Ricarda Böhme. Nach ersten Erkenntnissen wurden die beiden Beamten von dem 24-Jährigen mit einer Geschwindigkeit jenseits von Tempo 150 überfahren.
Prozess 2016: Junger Mann wurde wegen Schizophrenie für schuldunfähig erklärt
Erst im November 2016 wurde dem 24-Jährigen wegen Raubes, Körperverletzung und Diebstahls der Prozess gemacht. Das Landgericht Frankfurt (Oder) erklärte den jungen Mann damals aufgrund einer "undifferenzierten Schizophrenie" für schuldunfähig. Weil ein Gutachter ihm aber Behandlungsfähigkeit attestierte, kam er nicht in eine geschlossene Psychiatrie, sondern wurde unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.
Das Gericht revidierte später die Entscheidung auch nicht, als der junge Mann erneut beim Fahren ohne Führerschein oder beim Konsumieren von Drogen erwischt wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch stets auf die Unterbringung des 24-Jährigen gedrungen, auch weil er im Bundeszentralregister sechs Eintragungen wegen verschiedener Gewaltdelikte hatte und sich psychisch auffällig verhielt.
Gewerkschaft der Polizei will sich an Justizschelte nicht beteiligen
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich zwei Tage nach den Bluttaten immer noch betroffen. An etwaiger Justizschelte wollte sich GdP-Landesvorsitzender Andreas Schuster aber nicht beteiligen. Es sei als Gewerkschaft nur schwer zu beurteilen, wann welches Gutachten in Auftrag gegeben und wie es bewertet worden sei. "Fragen wie: ,Hätte man im Vorfeld anders reagieren müssen? Hätte man ihn wegschließen müssen?' - oder, oder, oder - können wir nicht beantworten", sagte der GdP-Landeschef.
Tatorte in Müllrose und Oegeln werden weiter untersucht
Unterdessen hat die Polizeidirektion Ost eine Sonderkommission mit mehr als 50 Mitgliedern zur Aufklärung eingesetzt. Je nach Bedarf können weitere Kräfte angefordert werden, sagte Polizeisprecher Ingo Heese am Donnerstag. Aktuell werden die Tatorte im Haus der getöteten Großmutter in Müllrose sowie in Oegeln erneut untersucht.
Die Polizeidirektion Ost bekommt immer noch viele Reaktionen. "Von überall her bekommen wir Kondolenzschreiben. Es waren sogar welche aus Polen mit dabei", sagte Heese. 24 Stunden nach einem Spendenaufruf der GdP zugunsten der Hinterbliebenen sei nach Schusters-Angaben schon ein hoher vierstelliger Betrag zusammengekommen. (dpa)
Martin-Heinze-Fonds, IBAN DE97 1705 4040 3000 6499 20, Verwendungszweck: Spende Hinterbliebene.
Grüner Stern, Gemeinnützige Polizeihilfe Brandenburg e. V., IBAN: DE33 5003 3300 1781 5277 00, BIC: SCFBDE33XXX, Verwendungszweck: Müllrose
Georg-Stefan Russew
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