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Von Alexander Fröhlich: Rathenower tötet und zerstückelt seine Eltern

Stadt unter Schock: Erst sterben zwei Jugendliche auf ICE-Gleisen – und nun ein grausiger Doppelmord

Stand:

Rathenow - Einen grausigen Fund haben zwei Polizisten am Dienstagnachmittag im havelländischen Rathenow gemacht. Ein 28-Jähriger hat dort seine Eltern erst umgebracht und dann zerstückelt.

Über dem Grundstück lag beißender Gestank, berichteten Ermittler. In einem Schuppen stießen die Beamten auf die Leichenteile, die dort schon über Wochen bei sengender Hitze in einer Tonne lagen. Ein Nachbar hatte die Polizei alarmiert, „weil er das Ehepaar längere Zeit nicht mehr gesehen“ hat, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam sagte. Daher durchsuchten die Beamten das Grundstück mit Doppelhaushälfte.

Wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war, hat der Mann seine 60 Jahre alte Mutter und den 67-jährigen Vater bereits Anfang Juni umgebracht. Anschließend versuchte er, die Leichen beiseite zu schaffen, und zerstückelte die Körper mit einer elektrischen Kettensäge. Dazu kleidete er eigens den Keller des Einfamilienhauses mit Plastikfolie aus. Allerdings scheiterte er mit dem Versuch, die Körperreste zu verbrennen.

Als Motiv für die brutale Tat nannte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft „familiäre Gründe“. Der 28-Jährige lebte noch bei seinen Eltern. Die aber waren nach Angaben von Ermittlern schon seit längerem unzufrieden „mit dem beruflichen Weiterkommen ihres Sohnes“. Der habe sein Jurastudium in Potsdam abgebrochen, um Finanzbeamter in Hamburg zu werden, was in der Familie für anhaltenden Streit gesorgt haben soll, der Anfang Juni offenbar eskalierte. Erst soll der 28-Jährige im Keller seinen Vater erstochen und dann im Erdgeschoss seine Mutter mit einem Werkzeug erschlagen haben.

Von den Polizisten ließ sich der Rathenower noch auf dem Grundstück widerstandslos festnehmen und legte bereits ein umfassendes Geständnis ab. Am Mittwochnachmittag ordnete das Amtsgericht Rathenow Untersuchungshaft für den 28-Jährigen an. „Wir ermitteln wegen des Verdachts auf zweifachen Totschlag“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Leichenteile wurden am Mittwoch noch obduziert, um letzte Zweifel an der Identität der Opfer auszuräumen. Auch Experten der Kriminalpolizei waren noch am Tatort und untersuchten das Grundstück.

Anwohner beschrieben die Familie als ruhig und unauffällig, den Sohn als hageren, blassen, aber durchaus intelligenten „Eigenbrötler“, der noch immer im Haus der Eltern lebte. Die Familie sei stets als „Einheit“, „zu dritt“ aus dem Haus gegangen. Bereits im Juni habe der Sohn in der Nachbarschaft erzählt, seine Eltern seien im Urlaub.

Die 25 000-Einwohner-Stadt Rathenow, 70 Kilometer westlich von Berlin gelegen, ist in den vergangenen Wochen mehrfach durch solch tragische Ereignisse erschüttert worden. In der Stadt herrsche erneut bedrückte Stimmung, die Vorfälle seien Gesprächsthema Nummer eins, hieß es aus dem Rathaus. Erst am Freitag hatte ein ICE der Deutschen Bahn zwei 15 Jahre alte Graffiti-Sprayer erfasst. Einer der beiden Jugendlichen starb sofort, der zweite am Samstag.

Bereits Anfang April hatte sich in der Stadt eine Familientragödie zugetragen. Dabei hatte der 19-jährige Matthias N. seine 45 Jahre alte Mutter geschlagen und erwürgt. Anschließend kündigte der in einem Abschiedsvideo auf einem Internetportal seinen eigenen Tod an, eher er mit einem Wagen flüchtete.

Ein Nachbar hatte lautstarken Streit bemerkt und den Ehemann informiert, der die schließlich die Leiche seiner Frau fand und unter Schock ins Krankenhaus musste. Die Polizei fahndete deutschlandweit nach dem jungen Mann, der bereits wegen anderer Straftaten wie Betrug aufgefallen war. Wenige Tage später nahmen ihn Polizisten auf einem Rastplatz an der A2 bei Brandenburg/Havel fest. Er sitzt wegen Totschlagsverdacht in Untersuchungshaft. Über das Motiv ist nur soviel bekannt, dass sich der 19-Jährige in der Videobotschaft als Versager dargestellt haben soll.

Ermittler verzeichnen inzwischen eine Zunahme tödlich ausgehender Familientragödien in Brandenburg, es ist bereits der fünfte Fall innerhalb eines Jahres. Im Herbst brachte eine 48-jährige Mutter aus Berlin-Altglienicke sich und ihre drei Kinder um. Sie gab den Kindern Schlaftabletten und fuhr mit ihnen nach Schönefeld, wo später die Leichen in einem ausgebrannten Wagen entdeckt wurden. In Brieselang (Havelland) tötete ein 62-Jähriger im März seine Frau, weil sich die 61-Jährige von ihm trennen wollte. Anfang Juni erdrosselte eine in Trennung lebende 32-jährige Polizistin ihren fünfjährigen Sohn und die zehn Jahre alte Tochter, bevor sie sich selbst erhängte.

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