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Brandenburg: Räumung von Szene-Laden erneut ausgesetzt

Der Berliner „Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf“ erhält einen weiteren Aufschub

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Berlin - Einen Tag vor der geplanten Zwangsräumung eines Kreuzberger Szene-Ladens sorgt eine Gerichtsentscheidung erneut für Aufschub. Dem Beschluss zufolge müsse erst ein medizinisches Gutachten klären, ob der Besitzer des „Gemischtwarenladens für Revolutionsbedarf“ in der Manteuffelstraße 99 im Fall einer Räumung suizidgefährdet sei, sagte der Anwalt des Hauseigentümers, Cornelius Ernst Wollmann, am Mittwoch. Ursprünglich sollten die Proteste gegen die Zwangsräumung am Mittwochabend beginnen, auch die Polizei war auf den Einsatz vorbereitet.

Polizisten hätten bereits Absperrungen rund um den Laden M99 aufgebaut, als die Entscheidung bekannt wurde, teilte die Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez mit, die den Ladenbesitzer unterstützt. Bei einer Mahnwache am Abend sollte es aber bleiben: „Dieses Hin und Her müssen wir bereden“, hieß es bei der Initiative.

Der Laden M99 ist ein Relikt des wilden Kreuzbergs der 1980er-Jahre. Er sollte eigentlich schon im August geräumt werden. Damals wurde die Frist verlängert. Auch damals war der Gesundheitszustand von Mieter Hans-Georg Lindenau ein Argument. Der Rollstuhlfahrer beschreibt den Laden als Teil von sich, ohne den er nicht leben könne. Er wohnt auch dort.

Bis das Gutachten vorliege und beurteilt werden könne, müsse man „in Kategorien von Monaten rechnen“, sagte Lindenaus Anwalt Christoph Müller. Er habe am Dienstag Beschwerde eingereicht, nachdem das Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg einen Räumungsschutzantrag abgelehnt hatte. Das Landgericht habe nun in einem Eilverfahren reagiert.

Sollte ein Mediziner die Suizidgefährdung bestätigen, so gibt es laut Eigentümer-Anwalt Wollmann zwei Möglichkeiten: Die Räumung könne eingestellt oder Lindenau eingewiesen werden.

Unterdessen geht der Streit zwischen Hauseigentümer und Lindenau auf anderer Ebene weiter. Wollmann sagte, es sei Anzeige erstattet worden, da sein Mandant sich und seine Kinder bedroht sieht.

Der Streit um M99 beschäftigte schon mehrere Gerichte. Der Eigentümer wirft Lindenau Vertragsverletzungen vor, es gibt schon seit Ende 2015 einen Räumungstitel. Im Geschäft werden vor allem politische Bücher angeboten, aber auch Kleidung und Zelte. Gisela Gross

Gisela Gross

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