Brandenburg: Rechter Kleidung geht es an den Kragen
Götterdämmerung: Gericht beschloss Beschlagnahme von Textilien Marke „Thor Steinar“ aus Zeesen
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Götterdämmerung: Gericht beschloss Beschlagnahme von Textilien Marke „Thor Steinar“ aus Zeesen Neuruppin – Die Kollektion mit dem Runen-Wappen ist in der rechten Szene Kult. Neonazis und Skinheads präsentieren stolz Textilien der Marke „Thor Steinar“, erst recht wenn darauf sogar „Division Thor Steinar“ prangt. Selbst vor Gericht zeigen Glatzköpfe ungeniert das Runen-Logo. Doch die Sorglosigkeit könnte bald ein Ende haben. Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat, wie jetzt bekannt wurde, am Dienstag einen weitreichenden Beschluss erlassen – zur Beschlagnahme von Thor-Steinar-Logos und damit markierter Kleidung. Das Gericht hat sogar die „Unbrauchbarmachung“ der zur Produktion des Runen-Wappens gebrauchten Vorrichtungen wie „Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matritzen“ angeordnet. Der Beschluss (Aktenzeichen 2.2 GS 594/04) ist in Deutschland einzigartig. Nun sind bundesweit Razzien gegen Geschäfte möglich, die Kleidung mit dem Runen-Logo verkaufen. Und Polizeieinsätze bei der MediaTex GmbH, die von Zeesen (Dahme-Spreewald) aus die Marke vertreibt. Thor Steinar droht die Götterdämmerung. Den Beschluss hatte die Staatsanwaltschaft Neuruppin beantragt, das Amtsgericht übernahm die Auffassung der Anklagebehörde nahezu komplett. Für die Staatsanwaltschaft ist das Runen-Logo Emblemen des NS-Regimes zum Verwechseln ähnlich. Ein Pfeil mit großem Dach wird durchkreuzt von einer Art Blitz, unten ruhen zwei Punkte. Die Staatsanwaltschaft hält das Logo für eine Kombination aus der Tyr-Rune, einst Ärmelemblem der Absolventen der „Reichsführerschulen“, und der Wolfsangel, die in den Abzeichen mehrerer Divisionen der Waffen-SS auftauchte. Und: Drehe man das Logo ein wenig nach rechts, sähen die Zacken unter dem Dach aus wie SS-Runen, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Außerdem sei „Steinar“, vor allem in Verbindung mit dem Begriff „Division“, eine gezielte Hommage an den von Neonazis glorifizierten SS-General Felix Steiner. Das Strafgesetzbuch kennt bei NS-Symbolen kein Pardon. Wer sie öffentlich zeigt, verbreitet oder Gegenstände mit braunen Insignien zur Verwendung im In- und Ausland herstellt, muss nach Paragraf 86a mit Geldstrafe oder maximal drei Jahren Haft rechnen. Auch wenn ein Kennzeichen dem Nazi-Original nicht bis zum allerletzten Häkchen entspricht. Genau so bewertet die Staatsanwaltschaft Neuruppin den Fall Thor Steinar. Der Beschlagnahmeantrag „entspricht unserem Grundsatz ,Null Toleranz gegenüber Rechtsextremisten““, so Gerd Schnittcher, Leitender Oberstaatsanwalt. Im August erreichte seine Behörde einen ersten Erfolg: Das Amtsgericht Prenzlau verhängte gegen einen 23-Jährigen eine Geldstrafe von 300 Euro – er hatte öffentlich einen Pullover mit dem Runen-Logo getragen. Es gibt weitere Anklagen. Im Oktober mussten Textilien, die in Hennigsdorf beschlagnahmt wurden, zurückgegeben werden. Die Rechtsgrundlage reichte noch nicht. Der Fall ist allerdings auch nach dem Gerichtsbeschluss nicht einfach. Die Generalstaatsanwaltschaft hat anwiesen, den Beschluss aus Königs Wusterhausen noch nicht zu vollstrecken. Er wolle abwarten, wie das Landgericht Potsdam über die zu erwartende Beschwerde der MediaTex entscheidet, so Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Auch er halte das öffentliche Zeigen des Runen-Logos für strafbar, „aber ich will nicht das Risiko eingehen, dass wir den Betrieb stilllegen und hinterher eine Entschädigung zahlen müssen“. MediaTex-Chef Uwe Meusel gibt sich forsch: „Hier wird nichts beschlagnahmt.“ Außerdem liege schon eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Neuruppiner Oberstaatsanwältin vor. Das Logo von Thor Steinar hält Meusel für harmlos, „das ist nur ein T und ein S in Runenschrift“. Über die Firma sagt Meusel kaum mehr als: „Wir lassen weltweit produzieren.“ Auf Fragen nach seiner eigenen Haltung zum Rechtsextremismus sagt Meusel nur: „Ich muss mich hier nirgendwo distanzieren.“
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