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Frust. Ein Cottbuser Postkutscher spielt vor dem Landtag das Brandenburg-Lied.

© dpa

Kreisreform in Brandenburg: Reform ohne Rückhalt

Gegen die von Rot-Rot geplante Kreisgebietsreform laufen Brandenburgs Kommunalpolitiker Sturm

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Potsdam - Die von der Brandenburger Landesregierung geplante Kreisreform stößt bei den Kommunalpolitikern auf harsche Kritik. Bei einer Anhörung vor dem Innenausschuss des Landtages am Donnerstag äußerten alle Vertreter der Landkreise und kreisfreien Städte ihre Befürchtung vor einem Verlust von Selbstverwaltung und Bürgernähe.

Zuvor hatten rund tausend Bürger und Politiker vor dem Landtag lautstark mit Pfiffen und Rasseln gegen die Reform protestiert. „An dieser eindrucksvollen Demonstration der Städte kann die Landesregierung nicht vorbei“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher, nannte die Reform unausgereift. Die kreisfreien Städte hätten eine wichtige Funktion für das Umland, die sie nach der Einkreisung nicht mehr wahrnehmen könnten. „Wer das nicht sieht, ist sehr kurzsichtig“, sagte Böttcher.

Die Landesregierung will die 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte zu maximal zehn Regionalverwaltungen zusammenlegen. Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel sollen ihren Status als kreisfreie Städte verlieren. Künftig sollen die Landkreise mindestens 150 000 Einwohnern haben. Die Regierungspläne werden unter anderem mit einem Bevölkerungsrückgang begründet. Von 2019 an soll das neue Konzept greifen, über das der Landtag im Juli entscheiden soll.

Eine Enquete-Kommission hatte empfohlen, Aufgaben der Landesverwaltung den Landkreisen zu übertragen, um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Gerade dieses Ziel aber sehen die Vertreter der Kommunen mit dem vorgelegten Leitbild-Entwurf weit verfehlt, wie der Vorsitzende des Landkreistages und Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD), in der Anhörung sagte. „Mit dem Leitbild wird die kommunale Selbstverwaltung geschwächt“, beklagte er.

Den Kommunalpolitikern fehlt im Entwurf der Landesregierung eine Funktionalreform, mit der festgelegt wird, welche Aufgaben die Kommunen vom Land übernehmen. Auch sei weitgehend unklar, wie die Aufgaben finanziert werden sollen. Befürchtet wird zudem, dass die angestrebten Großkreise eine bürgernahe Verwaltung erschweren und zu einem Demokratieverlust führen könnten. Auch werde es komplizierter, Bürger für ein Ehrenamt zu gewinnen. Zudem ziele die Verwaltungsreform einseitig auf die kommunale Ebene ab und lasse die Landesverwaltungen unberücksichtigt.

Der Landrat von Oberhavel, Ludger Weskamp (SPD), riet, der Zuschnitt der künftigen Kommunen sollte sich nicht an Obergrenzen von Einwohnerzahlen orientieren, sondern an den Aufgaben. Danach müsste sich auch die Finanzierung richten. „Die Funktionalreform muss also das Herzstück einer Verwaltungsreform sein“, sagte er.Manfred Rey

Manfred Rey

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