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Brandenburg: Regelstudienzeit ist kaum einzuhalten

Kritik von Brandenburger Studenten an Organisation der Bachelor- und Masterstudiengänge

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Potsdam - Rund zwei Jahre nach der Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge sind viele Studenten in Brandenburg mit der Situation an ihren Hochschulen unzufrieden. Probleme gibt es häufig beim Zusammenstellen der Stundenpläne und der Raumplanung. Die Regelstudienzeiten seien aufgrund von Seminarüberschneidungen kaum einzuhalten, wird kritisiert. Mit Beginn des neuen Wintersemesters werden für Studienanfänger die traditionellen Diplom-, Magister- und Lehramtsstudiengänge flächendeckend nicht mehr angeboten und laufen schrittweise aus.

„Nichts hat sich zum besseren, vieles zum schlechteren entwickelt“, sagt Hannes Ortmann, Mitglied im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam. „Wichtige Kurse liegen oft parallel, weil die Absprachen zwischen den einzelnen Fakultäten fehlen“, fügt er hinzu. Zudem komme es vor, dass zwei Prüfungen an einem Tag oder vier bis fünf in einer Woche terminiert seien.

„Eine fächerübergreifende Beratung ist nicht zu finden, viele Professoren kennen sich mit den neuen Prüfungsordnungen noch nicht aus“, kritisiert die Soziologie-Studentin Susann Zippka. „Es fehlt eine durchdachte Raumplanung“, bemängelt auch Lehramtsstudent Enrico Schwendig. In Potsdam kosteten allein die Wege zwischen den vier Standorten schon viel Zeit. „Die Universitätsleitung ist bemüht, die Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen“, versichert Sprecherin Janny Armbruster. Hauptproblem seien die 400 verschiedenen Wahlmöglichkeiten. „Da können Überschneidungen nicht ausgeschlossen werden“, räumt Armbruster ein. An der Universität Potsdam sind derzeit rund 17 000 Studenten immatrikuliert. Im Gegensatz zur alten Studienordnung müssen sie nun in allen Fächern regelmäßig Klausuren schreiben. „Die studienbegleitenden Prüfungen steigern die Lernintensität und damit die Qualität des Abschlusses“, verweist Armbruster auf einen Vorteil des neuen Systems. Zudem seien die Abschlüsse international vergleichbar.

Während die Abschlüsse früher erst nach vier bis fünf Jahren erreicht wurden, ist ein Bachelor-Studiengang schon nach drei bis vier Jahren beendet. „Die neuen Studiengänge sind wesentlich verschulter, wodurch die kürzeren Studienzeiten erreicht werden“, erläutert Armbruster. Die gemeinsame Studienzeit beider Phasen solle fünf Jahre nicht überschreiten. Der Großteil der Studenten werde bereits nach dem Erwerb des Bachelor-Abschlusses die Hochschulen verlassen. Er ist in Deutschland künftig als Regelabschluss geplant. Bei den alten Studiengängen gab es in der Regel nur Zwischen- und Abschlussprüfungen, nun müssen in jedem Semester Leistungspunkte, sogenannte Credits, gesammelt werden. Pro Semester sollen 30 dieser Zähler erworben werden, wobei jeder Punkt einem Studienaufwand von 30 Stunden entspricht. Ein Semester umfasst damit 900 Arbeitsstunden. Die Studenten haben deshalb wesentlich weniger Zeit für außerschulische Aktivitäten als früher.

„Unseren studentischen Initiativen fehlt der Nachwuchs, viele Bereiche drohen einzuschlafen“, sagt die Sprecherin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), Annette Bauer. Der wöchentliche Lernumfang sei wesentlich größer, so dass kaum noch Zeit für andere Dinge bleibe. An der zweitgrößten Universität Brandenburgs laufen die Diplom- und Masterstudiengänge in zwei Jahren aus. Wer den Abschluss bis dahin nicht in der Tasche hat, muss wechseln. Studienanfänger können nur noch Bachelor-Fächer wählen. Die internationalen Abschlüsse Bachelor und Master werden mittlerweile an allen deutschen Hochschulen angeboten. 45 europäische Staaten planen, bis 2010 ihre Hochschulsysteme auf das zweiphasige Studiensystem umzustellen.

Lars Hartfelder

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