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Erfolgreicher Rückblick. Matthias Platzeck und Johanna Wanka zogen nach fünf Jahren positive Bilanz.

© Nestor Bachmann/ZB

Von Peter Tiede: Regierung beschließt: Regierung war gut

Platzeck und Wanka zogen positive Bilanz der zweiten SPD/CDU-Regierung in Brandenburg

Stand:

Potsdam - Brandenburgs rot-schwarze Landesregierung hat am Dienstag einstimmig beschlossen, dass sie sich und ihre Arbeit der vergangenen Jahre gut findet: Kurz vor Ende der zweiten Legislaturperiode unter SPD/CDU-Führung zogen Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) und Vizeregierungschefin und Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) gestern nach der Kabinettsitzung in Potsdam eine – wenig überraschend – positive Bilanz ihrer eigenen Arbeit. „Man kann 2009 sagen: Es waren fünf gute Jahre für dieses Land“, sagte Platzeck.

Sei man vor fünf Jahren noch mit der Diskussion um sogenannte No-go-Areas – von Rechtsextremisten und Ausländerfeinden beherrschte, unsichere Gebiete für Ausländer und Minderheiten in Brandenburg – gestartet, so habe sich das Bild des Landes zu dem von einem modernen, weltoffenen Land gewandelt, sagte Platzeck. Wanka sagte es so: „Brandenburg ist bodenständig und trotzdem weltoffen.“ Schließlich habe eine Umfrage im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion erst jüngst ergeben, dass 88 Prozent der Brandenburger heimatverbunden sind – Werte, so Wanka, „die sonst nur in Bayern erreicht werden“.

Platzeck verbuchte auch die positive Entwicklung bei den Arbeitsmarktstatistiken für die Regierung: „Wir haben es vermocht, die Arbeitslosenquote deutlich zu senken“ – von fast 20 Prozent vor fünf Jahren auf nun unter 13 Prozent, so der Regierungschef.

Die oppositionelle Linke im Landtag sah die Arbeitsmarktbilanz gestern – auch wenig überraschend – anders: Während der vergangenen zehn Jahre unter den beiden rot-schwarzen Regierungen sei die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten um rund 94 000 – von 830 947 (1999) auf 737 119 (2008) – zurückgegangen, sagte der Arbeitsmarktexperte der Linksfraktion im Landtag, Christian Görke. Normale Arbeitsplätze seien durch „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse wie Teilzeitjobs, Ich-AGs und Leiharbeit abgelöst worden, Minijobs hätten zwischen 2003 und 2008 um 84 Prozent zugenommen. Insgesamt wuchsen laut Görke der Niedriglohn-Sektor und andere Formen prekärer Betätigung. In Brandenburg gelten nach seinen Angaben derzeit 43 Branchenverträge mit vereinbarten Stundenlöhnen von 7,50 Euro und weniger.

Auch die außerparlamentarische Opposition sah die Arbeit der Landesregierung naturgemäß nicht so rosa: Grünen-Landeschef Axel Vogel sprach von „verlorenen Jahren für das Land“ und bescheinigte SPD und CDU „mangelnden Gestaltungswillen“, „gebrochene Versprechungen“ und „handwerkliche Fehler“. So sei das Versprechen, „kein Kind zurückzulassen“ nicht gehalten worden. Während Platzeck es gestern als Erfolg verbuchte, dass trotz einer Halbierung der Schülerzahlen das Schulsystem stabilisiert worden sei und das Land beim Pisa-Test als Aufsteiger geführt wird, verwies Vogel auf gesunkene Bildungsausgaben und darauf, dass „mittlerweile jeder neunte Schüler die Schule ohne Abschluss verlässt“. Mit seiner Braunkohle-freundlichen Energiepolitik, so Vogel, habe die Regierung das Land „klimapolitisch ins Abseits gestellt“. Sie habe sich zum „Cheflobbyisten“ des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall gemacht, „und zugleich zugelassen, dass die märkischen Strompreise mit die höchsten in Deutschland sind“, so Vogel.

Platzeck verwies dagegen darauf, dass Brandenburg bundesweit führend bei der Nutzung erneuerbarer Energien und bei der Produktion etwa von Windkraft- und Fotovoltaikanlagen ist. Künftig, so Platzeck, gelte es ,,auch die Industriepolitik nach ökologischen Kriterien auszurichten“. Ausgezahlt habe sich schon der Umbau der Wirtschaftsförderung und die Konzentration auf weniger Schwerpunktbranchen. Davon, so Wanka, habe auch die Forschungs- und Wissenschaftslandschaft profitiert. Bei Ausbildung und in der Forschung könnten sich universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen an den Branchenschwerpunkten orientieren. Brandenburg habe gezeigt, dass man auch mit einer kleinen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft international wahrgenommen werden kann. Brandenburg sei „moderner und fortschrittlicher“ geworden, sagte Wanka auf der Bilanzpressekonferenz der Regierung.

Dass die Regierung ihre Bilanz vor der Presse zog und nicht vor dem Parlament, dem sie schließlich rechenschaftspflichtig sei, wurde von der Linken kritisiert. Linkspolitiker Görke forderte Platzeck auf, auf der letzten Sitzung des Landtages Anfang Juli eine Regierungserklärung zu halten und sich der Debatte zu stellen.

Platzeck entgegnete lediglich, er könne es sich schwer vorstellen, dass die Linke ihm ein solches Podium noch vor den Landtagswahlen im Herbst bieten wolle. Außerdem habe er die Bilanz vor der Presse gehalten, weil er damit – wie dienstags nach der Kabinettsitzung üblich – einen aktuellen Regierungbeschluss bekannt gemacht habe.

So gut, wie sich Platzeck/SPD und Wanka/CDU gestern fanden, schlossen beide auch eine Verlängerung des Bündnisses nach dem 27. September nicht aus. Doch während die CDU dabei wohl nach allen Prognosen, die sie wieder auf Platz drei nach SPD und Linken sehen, auf den guten Willen der SPD angewiesen sein wird, hielt sich Platzeck wieder alle Optionen offen. So gut es auch gelaufen sei, die CDU sei nur eine davon.

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