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Planschen macht Spaß. Vor allem auf die brandenburgischen Seen haben es Urlauber abgesehen. In einem bundesweiten Vergleich landen gleich vier märkische Gewässer auf den ersten vier Plätzen. Selbst der beliebte Chiemsee hat da das Nachsehen.

© Patrick Pleul

Von Matthias Matern: Reiseland Brandenburg boomt

Die Mark belegt bei Übernachtungen Platz 1 der deutschen Flächenländer/Weniger Vollzeitbeschäftigung

Von Matthias Matern

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Potsdam - Das Reiseland Brandenburg hängt alle ab. Zumindest bei den Übernachtungszahlen muss die Mark derzeit nur vor großen deutschen Metropolen wie Berlin, Hamburg und Bremen den Hut ziehen. Um 5,4 Prozent legten die Übernachtungen im ersten Halbjahr 2010 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2009 zu. Von Januar bis Mai betrug die Steigerungsrate bereits 4,9 Prozent. Bayern dagegen kam in der gleichen Zeit nur auf einen Zuwachs von 3,5 Prozent, Thüringen dümpelte bei einem Plus von 1,3 Prozent. „Erstmals belegt Brandenburg Platz 1 unter allen deutschen Flächenländern. Ein super Ergebnis“, lobte Mathias Feige, Geschäftsführer der dwif-Consulting GmbH, am Donnerstag fast überschwänglich bei der Analyse des aktuellen Tourismusbarometers des Ostdeutschen Sparkassenverbandes in Potsdam.

Auch die anderen Entwicklungen, die der Tourismusberater aus dem umfangreichen Datenmaterial herauslas, dürften den versammelten brandenburgischen Touristikern heruntergegangen sein wie Öl. Das „tolle Ergebnis“ werde nicht nur von einigen wenigen Regionen getragen, sondern fast flächendeckend vom ganzen Land, führte Feige aus. Besonders stark gepunktet habe das Land in seinen Kernkompetenzen, vor allem im Seentourismus.

Tatsächlich belegten bislang in 2010 mit dem Dahmeseengebiet, dem Havelland, dem Spreewald und dem Oder-Spree-Seengebiet gleich vier märkische Wassertourismusziele bundesweit die ersten vier Plätze und verwiesen damit Tourismusmagnete wie etwa den Chiemsee oder den Starnberger See auf die hinteren Ränge. Zu verdanken ist der Erfolg laut Feige vor allem der neuen Internetseite der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH (TMB), die „exzellentes Kartenmaterial“ und „tolle Touren“ online bereitstelle. „In Brandenburg haben alle ihre Hausaufgaben verdammt gut gemacht“, meinte Mathias Feige.

Auch in anderen Bereichen sah der Fachmann die Mark wieder auf Kurs. So etwa bei den Städtereisen. „Der Geschäftsreisemotor ist wieder angesprungen“, so Feige. Vor allem im Segment des Kongress- und Tagungsgeschäftes kam es im vergangenen Jahr wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zu Einbrüchen. Besonders Brandenburg/Havel mit einem Zuwachs von knapp 15 Prozent und Cottbus mit einer rund zwölfprozentigen Steigerung bei den Übernachtungen profitierten. Potsdam legte lediglich um sechs Prozent zu.

Dennoch hat die Krise Spuren hinterlassen. So zum Beispiel im Freizeitverhalten der Urlauber: Das Geld sitzt längst nicht mehr so locker. Bundesweit hätten die Anbieter auch 2010 mit Besucherrückgängen zu kämpfen, berichtete Feige. Mit einem Minus unter fünf Prozent falle der Rückgang im Land Brandenburg noch relativ moderat aus. 2009 nutzten mehr als 30,6 Millionen Besucher die rund 280 Angebote im Land. Dafür gebe es derzeit nirgendwo sonst so wenige Insolvenzen in der Tourismusbranche wie in der Mark.

Die Freude über so viel Lob war Dieter Hütte gestern anzusehen. „Wir fühlen uns in der grundsätzlichen Ausrichtung bestätigt“, meinte der TMB-Chef. Ausruhen dürfe man sich aber nicht. Ausbaufähig sei etwa noch der Landtourismus, so Hütte. Allein 2,4 Millionen der insgesamt 10,2 Millionen Übernachtungen des vergangenen Jahres wurden auf Reiterhöfen, Bauernhöfen und Gasthöfen im ländlichen Brandenburg gebucht. Der Marktanteil beträgt laut Tourismusbarometer 19 Prozent. Vor allem bei den landwirtschaftlichen Betrieben werde der Tourismus aber noch häufig als Nebensache angesehen, sagte Hütte.

Potenzial nach oben sieht der TMB-Geschäftsführer auch bei der Lausitzer Seenlandschaft, jenen Ensemble, das in den kommenden Jahren durch das Auffüllen ehemaliger Tagebauseen im Süden Brandenburgs entstehen soll. Obwohl bereits einige Gewässer touristisch genutzt werden, ist der Zuspruch noch verhalten. Während 2009 an den anderen märkischen Gewässern die Übernachtungszahlen anstiegen, verbuchte die künstliche Wasserlandschaft ein Minus von 3,4 Prozent. Hütte bleibt gelassen: „Noch verkaufen wir nur Bilder und nicht die Realität.“ Perspektivisch werde das Gebiet aber eine ernstzunehmende Konkurrenz für die etablierten Seengebiete Brandenburg, wie etwa dem rund um Rheinsberg, gab sich der TMB-Chef hoffnungsvoll.

Trotz aller Freude hatte diwf-Experte Feige auch warnende Worte parat. Trotz der niedrigeren Mehrwertsteuer für das Hotelgewerbe und den guten Übernachtungszahlen seien die Umsätze unbefriedigend, so Feige. Das lege die Vermutung nahe, dass einige Anbieter versuchen würden, über günstige Preise mehr Gäste anzulocken. „Dies ist nicht der richtige Weg“, warnte der Tourismusexperte.

Sorge bereite ihm auch der Trend zu mehr Teilzeitbeschäftigung, so Feige. Bundesweit sei die Zahl der Teilzeitkräfte von 2008 bis 2009 um knapp drei Prozent gestiegen, die Zahl der Vollzeitkräfte aber um 3,5 Prozent gesunken. „Das kann zu einer sinkenden Qualität im Service führen und das kann nicht gewollt sein“, warnte Mathias Feige.

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