Brandenburg: Reliquiengrab entdeckt
Fund in Wernikow bei Wittstock gilt als ältester Fund dieser Art in nordostdeutschen Kirchen
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Wittstock - Der Denkmalschutz hat es zutage gefördert: Bei der Vorbereitung der Sanierung der mittelalterlichen Dorfkirche von Wernikow bei Wittstock wurde ein Reliquiengrab entdeckt. Der Bauhistoriker Gordon Thalmann, der darüber in der neuen Ausgabe des märkischen Wegweisers „Offene Kirchen“ schreibt, nennt es einen der „spektakulärsten Funde der nordostdeutschen Kirchen- und Landesforschung“. Der Inhalt: jahrhundertealte kirchliche Reliquien – und ein Papier von 1969. Er habe das Reliquiengrab bei der Suche nach der Dorfchronik gefunden, schreibt der damalige evangelische Pfarrer des Ortes, Eberhard Frost, auf dem Pergamentpapier. Die Reliquie, ein Holzgefäß mit drei Splittern eines menschlichen Hüftknochens, und das historische Weihesiegel dazu habe er dann wieder zurück- und ein paar neue Gegenstände dazugelegt: einen zerbrochenen Stein als Symbol der deutschen Teilung und zwei Münzen aus der DDR und der Bundesrepublik.
„Gott gebe uns Einheit“, steht auf dem von dem Pfarrer am 20. März 1969 unterzeichneten Papier noch. Und: „Jesus siegt!“ Dass der Pfarrer den mittelalterlichen Aufbewahrungsort für die Reliquien geöffnet hatte, blieb danach „im Verborgenen und wurde lediglich durch das Pergament nachrichtlich für nachfolgende Generationen“ festgehalten, schreibt Thalmann. Doch der Reliquienfund ist nach seiner Einschätzung auch über diese Kuriosität aus dem 20. Jahrhundert hinaus von großer Bedeutung. Denn er gilt als ältester Fund dieser Art in der nordostdeutschen Kirchenlandschaft.
Der Behälter der Reliquie, ein aus Havelberger Eschenholz gedrechseltes Gefäß, stammt aus dem 13. Jahrhundert. Die Stoffe, mit denen die Knochensplitter eingewickelt waren, wurden im Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena untersucht. „Die Ergebnisse waren beeindruckend“, schreibt Thalmann: Die Stoffe stammen aus verschiedenen Jahrhunderten, die ältesten aus der Zeit um 1042 und 1105, die jüngsten vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Das Weihesiegel, das aus einer pappmascheeartigen Masse besteht, zeigt einen Bischof mit Mitra, Krummstab und Evangelium und wurde als Siegel des Havelberger Bischofs Heinrichs I. von Kerkow aus dem 13. Jahrhundert identifiziert. Es gilt als eines der wenigen Weihesiegel für Reliqiuen aus dieser Zeit, die die Jahrhunderte überdauert haben. Die Weiheurkunde selbst ist nicht erhalten. Thalmann setzt nun darauf, dass die Reliquie auch den Weg an andere Orte findet. Yvonne Jennerjahn
Yvonne Jennerjahn
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