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Saure Wochen. Viele Vögel leiden derzeit unter dem schlechten Nahrungsangebot. Besonders Greifvögel finden wegen des vielen Schnees kaum Beute. Kraniche können dagegen den Boden frei scharren.

© dpa

Folgen des langen Winters: Rückreise mit Zwangspause

Greifvögeln macht der lange Winter zu schaffen - sie finden nicht mehr genug Nahrung. Die Störche kommen wegen der anhaltenden Kälte wohl später als sonst nach Brandenburg zurück.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Erst tödliche Irrflüge im dichten Nebel, jetzt anhaltende Kälte und immer wieder Schneefall: Die aktuelle Wintersaison macht Brandenburgs Vögeln ganz schön zu schaffen. Während bereits im vergangenen November wie berichtete Hunderte Wildgänse und zahlreiche andere Zugvögel in dichtem Nebel die Orientierung verloren hatten und unkontrolliert auf Häuser, Äcker und Landstraßen in den Tod stürzten, raubt nun der hartnäckige Winter vielen Vögeln die letzten Kraftreserven. „Vor allem Mäusejäger wie Turmfalken und Mäusebussarde haben es derzeit schwer genug, Nahrung zu finden. Etliche Greifvögel sind schon ziemlich abgemagert“, bestätigt Torsten Ryslavy, stellvertretender Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Buckow im Havelland.

Ryslavy zufolge haben bereits viele Greifvögel die mühsame Nahrungssuche mit dem Leben bezahlt. „Weil sich Mäuse und andere Nager in der freien Natur fast ausschließlich unter der geschlossenen Schneedecke aufhalten und dort quasi unerreichbar sind, haben sich viele Greifvögel an die schneefreien Straßen zurückgezogen, um dort Beute zu schlagen oder sich von verunglückten Tieren zu ernähren“, berichtet der Ornithologe. Dabei sei es zu vielen Kollisionen mit Fahrzeugen gekommen. Zahlen zu Verlusten bei Greifvögeln könne er aber nicht nennen.

Vergleichsweise glimpflich haben die schon zurückgekehrten Kraniche den erneuten Wintereinbruch überstanden. „Einige sind Richtung Südwesten dem Schnee ausgewichen. Doch Trupps von bis zu 1000 Vögeln haben ausgeharrt“, sagt Ryslavy. Zudem könnten Kraniche auf der Suche nach Nahrung Schnee wegscharren. Meldungen über verhungerte Kraniche lägen nicht vor.

Besser als die vergangenen Winter hat sogar die äußerst seltene Großtrappe die zurückliegenden Wochen überstanden. Der vom Aussterben bedrohte Vogel kommt in Deutschland fast nur noch in Brandenburg vor, unter anderem im Havelland. In der Regel bleibt er auch im Winter seinem Brutrevier treu. Der erneute Wintereinbruch sei ja erst relativ spät gekommen, im Havelland so um den 10. März, so Ryslavy. „Davor war es weitgehend schneefrei.“ In den vergangenen zwei jahren seien die Winter insgesamt härter gewesen. Da seien viele Großtrappen Richtung Westdeutschland und bis nach Belgien geflohen. „Meist kommt nur ein geringer Prozentsatz zurück. Wir hatten Verluste von bis zu 20 Prozent“, berichtet der staatliche Vogelkundler.

Die Störche dagegen haben Experten zufolge das Schlimmste verpasst. Im Havelland seien Mitte März noch gar keine gesichtet worden, sagt Torsten Ryslavy. An der Elbe rund um Rühstädt (Prignitz) hat sich laut Kathleen Awe, Leiterin der dortigen Weißstorchausstelleung des NABU, auch erst ein Rückkehrer niedergelassen. Bis zu 40 Storchpaare brüten dort in manchen Jahren. „Das ist zwar eine schwierige Zeit, doch einige Wasserstellen sind bereits wieder eisfrei. Dort sind schon erste Fressgemeinschaften zu beobachten“, schildert Awe.

Ryslavy geht aber davon aus, dass viele Störche in diesem Jahr später als sonst zurückkehren. Des erneuten Wintereinbruchs wegen hätten viele Tiere auf ihrem Weg aus Afrika unterwegs eine Zwangspause eingelegt. Das könne Einfluss auf die Population haben. „Manche Paare könnten mit dem Brüten aussetzen, weil sie auf einen früheren Zeitpunkt geeicht sind“, fürchtet Ryslavy.

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