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Von Matthias Benirschke: Rupprecht: Wünsche der Kitas unbezahlbar

Mehrkosten in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro Linke für Aufstockung des Betreuungsschlüssels

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Potsdam - Ute Günzel ist am Donnerstag nicht in „ihre“ Kita „Eden“ in Oranienburg gefahren, sondern in den Landtag nach Potsdam. Für sie und ihre Kolleginnen ist das ein Kraftakt, denn von den zehn Erzieherinnen fallen heute ohnehin schon vier aus. Mit Überstunden und der Hilfe einer Großmutter wird die Lücke notdürftig geschlossen, denn Ute Günzel gehört zu den Initiatoren der Kita-Initiative Brandenburg.

Im Landtag werben die Regierungsfraktionen an diesem Vormittag für ihre Gratwanderung zwischen Wünschenswertem und Machbaren. Dabei macht Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) unmissverständlich klar: Die Forderungen der Kita-Initiativen würden Mehrkosten in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro verursachen – unbezahlbar.

Rupprecht zählt in der Aktuellen Stunde – wie auch die Redner der Fraktionen von SPD und CDU – auf, was alles schon getan wurde und was sich das Land die Betreuung der Kinder kosten lässt, derzeit immerhin fast 150 Millionen Euro. Die Kitas nennt er eine „Erfolgsgeschichte“. Gewiss, die Qualität müsse gesteigert werden, räumen alle ein, aber mit Augenmaß. Der Minister verweist auch auf die Ankündigung seiner SPD, nach der Landtagswahl im September den Betreuungsschlüssel für Krippenkinder mit gut 17 Millionen Euro zu verbessern – nämlich von statistisch 1 zu 7 auf 1 zu 6.

Günzel ringt sich ein müdes Lächeln ab. „Es wäre schon traumhaft, wenn wir auf die rechnerischen Betreuungsschlüssel kämen.“ In der Praxis sei eine Erzieherin oft für zwei- oder dreimal so viele Kinder zuständig.

Im Plenum macht sich unterdessen die oppositionelle Linksfraktion für die Forderungen der Eltern und Erzieherinnen stark. Die Bildungsexpertin Gerrit Große trägt die Forderungen vor: Die Personalschlüssel sollen erhöht werden, für die unter Dreijährigen auf 1 zu 5, für die Drei- bis Sechsjährigen auf 1 zu 8, für Hortkinder auf 1 zu 18. Zudem sollen die Erzieherinnen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung bekommen, die Kita-Leiterinnen mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben. Für all das müsse es einen Stufenplan geben.

„Wir können uns nicht alles leisten, was wir uns wünschen“, sagt Rupprecht achselzuckend. Auch auf seinem Zettel stünden etwa bessere Arbeitsbedingungen für die Kita-Leiterinnen ganz oben. Und Große wirbt als erste Maßnahme für die schnelle Aufstockung des Betreuungsschlüssels für Krippenkinder. Das Geld sei da, ebenso wie die Erzieherinnen, die ja oft nur Teilzeit arbeiten würden.

„Natürlich wäre es schön, wenn wir mehr Vollzeitkräfte hätten“, sagt Günzel. Viele Erzieherinnen seien aber schon nach sechs Stunden geschafft von Stress und Lärmbelastung. „Außerdem ist der Arbeitsmarkt leer gefegt.“ Der Beruf sei nun einmal wenig attraktiv: zu schlecht bezahlt, kaum Aufstiegsmöglichkeiten und schlechte Arbeitsbedingungen. „Wir kämpfen ja noch nicht einmal für mehr Gehalt – was sehr gering ist – sondern für bessere Bedingungen für die Kinder.“ Rund 5000 Briefe, in denen die Ziele der Kita-Initiative unterstützt werden, seien bereits in der Staatskanzlei eingegangen, sagt Günzel.

Ute Günzel hat die Initiative zusammen mit der Mutter Alexandra Lange gegründet. Sie seien von den hohen Kosten ihrer Initiative nicht beeindruckt, versichern sie. Frustriert von den Widerständen seien sie auch nicht. Eher überrascht von dem Zuspruch.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) persönlich habe ihnen anvertraut, dass das Thema ohne die Initiative jetzt nicht solches politisches Gewicht hätte. Und er habe für die Pläne der SPD geworben. „Leute, die nicht so tief im Kita-Bereich drinstecken, könnten sich davon vielleicht beeindrucken lassen“, sagt Günzel und ergänzt: „Das ist ein winziger Tropfen auf den heißen Stein.“

Von Matthias Benirschke

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