Brandenburg: S-Bahn beginnt mit Rädertausch
Zugdichte am Dienstag auf Jahres-Tief / Trotz startendem Rädertausch nur langsame Besserung / BVG beginnt mit Ferienfahrplan
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Berlin – Hoffnungsschimmer für die erneut in die Krise gerutschte Berliner S-Bahn: Der seit Monaten erhoffte Tausch der bruchgefährdeten alten Räder und Achsen durch neue Teile hat begonnen. Der Austausch hatte sich durch Lieferengpässe beim Hersteller verzögert. So kann die S-Bahn in den nächsten Tagen wahrscheinlich wieder mehr Züge einsetzen.
Beim Fahrzeugeinsatz hat die S-Bahn derzeit ihren Jahres-Tiefstand erreicht: Am Dienstag waren lediglich 278 Doppelwagen unterwegs; am Vortag sogar nur 267. Erforderlich wären für den Notfahrplan jedoch 434 Doppelwagen. Die Folge des Mangels: Wartezeiten von bis zu 30 Minuten für die Fahrgäste. Trotz des begonnenen Austauschs von Achsen und Rädern werde sich das Angebot nur allmählich verbessern, sagte ein Sprecher.
Bis gestern waren nach Angaben des Sprechers an sieben der 500 Doppelwagen der besonders störungsanfälligen Baureihe 481 Achsen und Räder gewechselt worden. Von der Baureihe 485 aus DDR-Zeiten waren bisher drei Doppelwagen an der Reihe.
Schnee und Eis machen der angeblich wintersicher vorbereiteten S-Bahn nach wie vor zu schaffen. Seit Anfang Dezember gab es nach Angaben des Unternehmens bereits 585 Defekte beim Antrieb der Züge; 121 Motoranlagen mussten ausgetauscht werden, die durch Flugschnee lahmgelegt worden waren. Zudem müssen die Fahrzeuge, bevor sie in der Werkstatt behandelt werden können, derzeit stundenlang aufgetaut werden.
Auch die eingefrorenen Rohre, die verhindern, dass Bremssand auf die Schienen gestreut werden kann, müssen in der Werkstatt erwärmt werden. Deshalb soll jetzt in der eigentlich stillgelegten Anlage in Erkner vorübergehend im Drei-Schicht-System gearbeitet werden. Wegen der eingefrorenen Bremssandrohre dürfen alle Züge derzeit, wie berichtet, nur mit maximal 60 Kilometern pro Stunde statt vorher Tempo 80 fahren. Dadurch kommt im gesamten Netz zu Verspätungen. Und zu Szenen wie dieser: Auf dem Bahnhof Berlin Gesundbrunnen, wo Fahrgäste versuchen, in einen vollbesetzten Zug zu gelangen, kommt die Durchsage: „Bitte nehmen Sie Rücksicht. Dieser Zug ist überfüllt.“ Kurze Pause. „Und außerdem kaputt.“
An einen Ersatzverkehr mit zusätzlichen Regionalbahnen, wie es ihn in der Vergangenheit gegeben hat, ist derzeit nicht zu denken. Der Bahn fehlen dafür die Fahrzeuge. Sie muss derzeit immer noch unter anderem zwischen Cottbus und Leipzig Reserven einsetzen, weil die für die Strecke vorgesehenen Neubaufahrzeuge bisher keine Zulassung vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erhalten haben.
Auf Post vom EBA wartet auch die S-Bahn weiter, deren auf ein Jahr befristete Betriebsgenehmigung am 31. Dezember ausläuft. Dass sie nicht verlängert wird, gilt als unwahrscheinlich; das EBA könnte die Genehmigung aber wieder befristen, womöglich auf weniger als ein Jahr, rechtlich möglich wären 15 Jahre.
Unabhängig von den Problemen bei der S-Bahn gilt bei den Berliner Verkehrsbetrieben BVG ab Donnerstag der übliche Ferienfahrplan, bei dem Busse für den Schülerverkehr, die auch von anderen Fahrgästen genutzt werden können, entfallen; bei der U-Bahn wird meist der Abstand zwischen den Fahrten vergrößert. Ein Schülerverkehr ohne Schüler ergebe keinen Sinn, begründete ein BVG-Sprecher den Ferienfahrplan. Zudem könnten dadurch frei werdende Busse anderswo Lücken im Angebot füllen, das derzeit auf mehreren Linien ausgedünnt ist. K. Kurpjuweit
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