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Von Klaus Kurpjuweit: S-Bahn kommt nicht – dafür die Preiserhöhung
Silvester gibt es keinen Zusatzverkehr. Auch Angebot im Berufsverkehr nach Ferienende bleibt ungewiss. BVG kann kaum aushelfen
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Berlin - Langes Warten auf überfüllte Züge bei der S-Bahn, planmäßig ausfallende Fahrten bei Bussen der Bahn – und höhere Preise: Diese Kombination mutet man in Berlin den Fahrgästen jetzt zu. Obwohl sicher ist, dass die S-Bahn am 3. Januar, wenn nach den Ende der Ferien auch der Berufsverkehr wieder voll einsetzt, kein ausreichendes Angebot dafür auf die Gleise stellen kann, bleibt es dabei, dass die Fahrpreise zwei Tage vorher zum 1. Januar um durchschnittlich 2,8 Prozent erhöht werden. Ein Aussetzen lehnen der Senat und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) weiter ab.
Auch am Mittwoch konnte die S-Bahn nur 249 Doppelwagen einsetzen; immerhin sechs mehr als am Vortag. Selbst für ein Notprogramm, wie es bis zum Beginn der Schneefälle Anfang Dezember galt, wären 434 Doppelwagen erforderlich.Dieser Wert wird kurzfristig nicht erreicht; zunächst bleibt es deshalb beim 20-Minuten–Takt auf allen Linien, mit Ausnahme der Ringbahn, wo die Bahnen alle zehn Minuten kommen sollen. Durch Verspätungen müssen Fahrgäste nicht selten fast eine halbe Stunde auf eine S-Bahn warten. Wer umsteigen muss, kann doppeltes Pech haben und zwei Mal gefühlte Ewigkeiten warten müssen.
Der Fahrplan ist derzeit für Geschwindigkeiten bis zu 80 km/h ausgelegt. Weil einige Züge aus Sicherheitsgründen aber nur bis Tempo 60 beschleunigen dürfen, sind Verspätungen unvermeidbar. Man prüfe noch, ob man den Fahrplan anpasse, hieß es gestern bei der S-Bahn. Ob die S-Bahn ein Ersatzangebot schaffen kann, ist weiter ungewiss. Auf ihren Hilferuf an den Konzern, ihr Lokomotiven und Wagen zu überlassen, um auf den Gleisen der Regionalbahn zusätzliche Züge anbieten zu können, habe es noch keine Angebote gegeben, sagte gestern ein Bahnsprecher. Der Bahn fehlen überall Fahrzeuge, auch im Regional- und Fernverkehr.
So ist unklar, ob es möglich wäre, zusätzliche Regionalzüge nach Potsdam zu schicken, wo die S-Bahnen derzeit nur alle 20 Minuten ankommen. Wegen Bauarbeiten zwischen Grunewald und Wannsee ist der Fahrplan auf den Regionalgleisen bereits jetzt ausgeknautscht, da nur eingleisiger Betrieb möglich ist.Auf S-Bahn-Gleisen könnten wegen des besonderen Stromsystems als Ersatz nur Dieselfahrzeuge fahren. Und hier gibt es Vorschläge, zumindest auf Außenstrecken solche Züge einzusetzen. Probleme gäbe es dabei, weil die Bahnsteige der S-Bahn höher sind als im Fern- und Regionalverkehr; entsprechend unterschiedlich sind auch die Einstiegshöhen bei den Fahrzeugen konzipiert.
Die BVG kann nach Angaben ihres Sprechers Klaus Wazlak nicht groß einspringen. Zusätzliche Fahrten auf ihren Linien seien kaum möglich; hierfür gebe es keine Reserven. Bei der U- und der Straßenbahn könne man höchstens im normalen Fahrplan mehr Wagen einsetzen. Bei den Bussen geht dagegen gar nichts, weil die BVG dort selbst einen Fahrzeugmangel hat. Auch in der nächsten Woche werden deshalb weiter Fahrten ausfallen, kündigte Wazlak an.
Sogar für Silvester, wenn Hunderttausende zum Brandenburger Tor fahren wollen, steht der Fahrplan bei der S-Bahn noch nicht fest. Denkbar wäre, den Verkehr auf Außenstrecken einzuschränken, um im Zentrum mehr Züge fahren lassen zu können, sagte ein Sprecher. Die Entscheidung solle am heutigen Donnerstag fallen. Den sonst üblichen Silvester-Zusatzverkehr werde es jedoch nicht geben. Nur im Regionalverkehr gebe es zusätzlich Fahrten in der Nacht.
Dafür kommt zum Jahreswechsel die im Sommer beschlossene Tariferhöhung im Verkehrsverbund. Man könne nicht 40 Unternehmen durch ein Aussetzen der Erhöhung bestrafen, nur weil ein Unternehmen eine mangelhafte Leistung erbringe, sagte der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Mathias Gille. Die anderen Verkehrsbetriebe seien auf höhere Einnahmen angewiesen, argumentiert auch Brigitta Köttel vom VBB.
Für den Fahrgastverband Igeb sind die Tarifsteigerungen dagegen „ärgerlich und nicht vermittelbar.“ Auch in den vergangenen drei Jahren ohne Preiserhöhung sei es den Verkehrsunternehmen gelungen, die Einnahmen zu steigern – durch mehr Fahrgäste. Als Ausgleich für die jetzige Erhöhung müsse es zumindest Zusagen geben, auf weitere Tarifsteigerungen 2011 und 2012 zu verzichten, fordert die Igeb. Zudem müssten Fahrgäste nochmals entschädigt werden, woran sich auch die BVG beteiligen müsse.
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