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Brandenburg: S-Bahn kommt unter die Räder

260 Züge der neuesten Baureihe müssen in die Werkstatt. Verkehrsvertrag soll erfüllt werden

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Berlin - Die S-Bahn steht mit dem Rücken zur Wand. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer hat ihr, wie berichtet, angedroht, wegen unzureichender Leistungen den Verkehrsvertrag vorzeitig zu kündigen. Gestern gab es bereits die nächste Hiobsbotschaft: Das aufsichtsführende Eisenbahn-Bundesamt hat angeordnet, dass zunächst an 260 Fahrzeugen der neuesten Baureihe 481 die vorderen Räder vorzeitig ausgetauscht werden müssen. Am 1. Mai war ein Zug in Kaulsdorf wegen eines Radbruchs entgleist.

Fortgesetzt werden müssen zudem weitere Sicherheitsüberprüfungen an Zügen dieser Baureihe, deren Lieferung Mitte der 90er Jahre begonnen hat. Deshalb fehlen täglich vor allem in der Hauptverkehrszeit 25 Viertelzüge für den Betrieb. Wie lange noch Züge mit weniger Wagen als vorgesehen fahren werden, konnte S-Bahnchef Tobias Heinemann am Freitag nicht sagen. Den Vertrag mit dem Senat wolle die S-Bahn aber auf jeden Fall erfüllen.

Private Unternehmen hatten in der Vergangenheit schon mehrfach angekündigt, den Betrieb der S-Bahn übernehmen zu wollen. Größte Hürde ist hier die Fahrzeugbeschaffung. Die S-Bahn besitzt derzeit 630 sogenannte Viertelzüge, die aus zwei Wagen bestehen. Ob ein anderer Bewerber gegenwärtig in der Lage wäre, neue Fahrzeuge zu finanzieren, ist zweifelhaft. Unter anderem deshalb hat es auch bei der Ausschreibung für den Regionalverkehr in Berlin-Brandenburg dem Vernehmen nach nur zwei Angebote gegeben.

Mit dem größten Teil ihres Wagenbestandes hat die S-Bahn aber erhebliche Probleme: Die 500 Viertelzüge der Baureihe 481 haben nach Angaben des S-Bahnchefs drei Konstruktionsmängel: eine falsch eingestellte Bremssteuerung, unzureichend dimensionierte Achsen und fehlerhafte Räder mit einer ungenügenden Festigkeit. Wegen der unzureichenden Bremssteuerung hatte im November 2006 ein Zug am Bahnhof Südkreuz nicht rechtzeitig halten können und war gegen einen Arbeitszug geprallt. Mehr als 30 Fahrgäste hatten sich bei diesem Unfall verletzt. Die Achsen sind aus einem ähnlichen Material wie bei den ICE-Zügen des Fernverkehrs, wo vor fast einem Jahr in Köln eine Achse direkt am Rad gebrochen war. Und die Entgleisung in Kaulsdorf am 1. Mai ist nur glimpflich verlaufen, weil das Rad am letzten Wagen des Zuges gebrochen war. Wäre es an der Spitze passiert, hätten die Folgen weitaus gravierender sein können, weil dann die Gefahr besteht, dass gleich mehrere Wagen aus den Schienen springen, vor allem an Weichen.

Klaus Kurpjuweit

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