Brandenburg: S-Bahnstreik als falsches Signal Politiker lehnen Aktion zur Leichtathletik-WM ab
Berlin - Die Streikgefahr bei der S-Bahn bleibt bestehen. Die neue Geschäftsleitung lehnt es weiter ab, ihr künftiges Personalkonzept bereits jetzt vorzulegen, wie es der Betriebsrat fordert.
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Berlin - Die Streikgefahr bei der S-Bahn bleibt bestehen. Die neue Geschäftsleitung lehnt es weiter ab, ihr künftiges Personalkonzept bereits jetzt vorzulegen, wie es der Betriebsrat fordert. Deshalb erwägt man in dem Gremium eine außerordentliche Mitarbeiterversammlung einzuberufen, was den Verkehr an einem Tag lahm legen könnte – eventuell auch während der Leichtathletik-WM.
S-Bahn-Chef Peter Buchner erklärte am Donnerstag, öffentliche Drohgebärden zum jetzigen Zeitpunkt seien „absolut unverantwortlich“ und schadeten der S-Bahn und ihren Mitarbeitern. Er habe bereits zugesichert, alle Prozesse im Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen. Dazu gehört unter anderem der von der inzwischen abgelösten alten Geschäftsführung geplante weitere Personalabbau sowie das Schließen der Hauptwerkstatt in Schöneweide. Nach den alten Vorgaben sollten noch rund 400 Stellen gestrichen werden, vorwiegend bei den Aufsichten auf den Bahnhöfen. Entscheidungen sollten erst fallen, wenn der Normalbetrieb erreicht sei, was frühestens für Anfang Dezember geplant ist.
Der Betriebsrat will den Personalabbau, gegen den er sich von Anfang an gewehrt hat, dagegen sofort stoppen lassen. Die Probleme der vergangenen Wochen zeigten, dass es inzwischen zu wenig Mitarbeiter gebe, vor allem in den Werkstätten, heißt es beim Betriebsrat. Aber auch in anderen Bereichen fehlten inzwischen Fachkräfte. Wie berichtet, konnte vor kurzem ein Stellwerk nachts nicht besetzt werden, weil nach dem Ausfall eines Mitarbeiters kein Ersatz aufzutreiben war. Die S-Bahn teilte mit, der Fahrdienstleiter habe sich kurzfristig krank gemeldet. Nach Angaben eines Mitarbeiters war die Krankmeldung jedoch 24 Stunden vor Dienstbeginn eingetroffen. Ersatz sei wegen der dünnen Personaldecke kaum noch zu finden. Selbst leitende Mitarbeiter müssen nach Informationen dieser Zeitung inzwischen im Stellwerksdienst einspringen.
Während die S-Bahn auch dementiert, dass es in der Betriebszentrale personelle Engpässe gebe, klagen Insider über die enorme Arbeitsbelastung dort, die auch zu einem Sicherheitsproblem führen könne. Die Mitarbeiter müssten immer größer werdende Streckenbereiche überwachen. Pausen könnten oft nicht eingehalten werden. Wer jetzt bis an die Grenzen der Belastbarkeit arbeite, habe ein Recht, umgehend zu erfahren, ob er auch im nächsten Jahr seinen Arbeitsplatz bei der S-Bahn behalte, argumentiert Betriebsratschef Heiner Wegner. Mit Zusagen hält sich die Führungsriege aber zurück, weil die neue Konzernspitze die rigiden Sparvorgaben bei der S-Bahn nicht aufgehoben hat, die unter dem früheren Bahnchef Hartmut Mehdorn erlassen worden waren.
Verständnis für den Unmut der Mitarbeiter zeigte gestern Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Ein Streik sei aber nicht zu akzeptieren. Der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Frank Henkel unterstützt die Forderung, den Personalabbau zu stoppen, hält einen Streik jedoch für ein „denkbar schlechtes Signal“. Ähnlich äußerte sich der Fahrgastverband Igeb. Zumindest ein weiterer Mitarbeiter hat gestern seinen Arbeitsplatz verloren. Der bisherige Leiter der Fahrzeuginstandhaltung sei freigestellt worden, sagte ein Bahnsprecher. Nachfolger werde ein Fachmann aus München.
Klaus Kurpjuweit
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