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Brandenburg: Sarazins Desinteresse

Ex-Senator zur Howoge-Affäre angehört

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Berlin - Als „skandalös“ bewertete der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Florian Graf den Auftritt von Thilo Sarrazin (SPD) vor dem Untersuchungsausschuss zur Howoge-Affäre. Der Ex-Finanzsenator habe die Verstöße gegen die Vergabevorschriften des Landes gebilligt. Grünen-Obmann Jochen Esser bezichtigte Sarrazin der „aktiven Duldung des Rechtsbruchs“. Für Daniel Buchholz (SPD) hat Sarrazin dagegen die Vorwürfe der Opposition „in keinem einzigen Punkt bestätigt“.

Das Gipfeltreffen der beiden wichtigsten Zeugen in der Affäre um die illegalen Direktvergaben von Planungsaufträgen durch die Howoge hat die zentrale Frage nicht beantwortet: Wie der Senatorin für Stadtentwicklung entgehen konnte, dass bei der von ihr kontrollierten landeseigenen Firma über Jahre Aufträge an Planer nach Gutdünken vergeben wurden – und systematisch gegen die Ausschreibungspflicht verstoßen wurde.

Sarrazin äußerte sich dazu nicht. Dass er selbst davon Kenntnis hatte, bekräftigte er erneut. Und legte nach: „Zum Planer muss man ein persönliches Vertrauensverhältnis haben, so wie zum Zahnarzt oder zum Rechtsanwalt.“ Und einen Zahnarzt wähle man ja auch nicht durch eine Ausschreibung aus – sondern auf Empfehlung aufgrund seiner Kompetenz. Wies er damit aber nicht einen „Rechtsbruch“ an, wollte ein Abgeordneter wissen.

Sarrazin konterte scharf: „Angeordnet habe ich nichts, geduldet auch nichts.“ Es sei selbstverständlich, dass Geschäftsführer bei großen Summen oberhalb bestimmter „Schwellenwerte“ die Planungsleistungen europaweit auszuschreiben hätten. Doch von dieser Problematik habe er in seiner Zeit als Finanzsenator „nichts gewusst“. Sie habe ihn auch nicht interessiert. „Ich prüfe ja auch nicht, ob der Dienstwagen eines Geschäftsführer noch Tüv hat oder nicht“.

Sein Einverständnis mit der eigenwilligen Vergabepraxis unterhalb der Schwellenwerte erklärte er so: „Es war bekannt, dass die Howoge im Vergleich zu anderen sehr günstig baute.“ Das Ergebnis sei für ihn entscheidend gewesen – „das Verfahren (zur Erreichung geringer Kosten; Anm. d. Red.) hat mich nicht interessiert“. Und Senatorin Ingeborg Junge-Reyer? Von den Howoge-Vergaben und Sarrazins Billigung will sie nichts gewusst haben. Der Ex-Senator sei in dieser Sache auch nie an sie herangetreten. Und was ist mit der Anlage 6 zur Vorbereitung des wichtigen „Gesellschaftergesprächs“ im Jahr 2006, in der die „Abschaffung der öffentlichen Vergaben“ und ein „Übergang zur beschränkten Ausschreibung mit freihändiger Vergabe“ gefordert wird? Das Papier habe sie nicht erhalten, versicherte sie. Noch heute liegen ihr nicht alle Unterlagen vor: Es sei manches vernichtet worden. Ausschusschef Nicolas Zimmer (CDU) hatte kritisiert, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nur wenige Unterlagen vorgelegt habe, die überdies lückenhaft seien. Von dem lockeren Verhältnis Sarrazins zur Frage der Ausschreibungspflicht distanzierte sich JungeReyer: „Die Rechtslage ist klar. Da gibt es keinen Entscheidungsspielraum.“bal

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