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Brandenburg: Schauen, kaufen und wiederkommen
Deftige Leberwurst, Honig, Obst und Gemüse: Hofläden sind ein Eldorado für Kunden, die regionale Spezialitäten lieben. Am Samstag startet die Landpartie
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Spaatz - „Wie sieht es im Stall aus? Kann das Schwein auf Stroh liegen?“ Auf diese Fragen muss Landwirt Jens Schmücker aus Spaatz (Havelland) in Westbrandenburg oft antworten. Wenn neue Kunden in seinem Hofladen Wurst und Schweinefleisch kaufen, wollen sie es immer ganz genau wissen. Am liebsten zeigt er dann, wie seine Tiere untergebracht sind. „Sie können auf richtigem Stroh liegen“, sagt der 43-Jährige. Auch dürfen die Vierbeiner mal gestreichelt werden. Das Stammpublikum weiß das längst und fragt nicht mehr nach.
Zur traditionellen Landpartie öffnen am Samstag und Sonntag landesweit wieder rund 240 Betriebe und Höfe. Im Vorjahr waren mehr als 100 000 Besucher unterwegs. Sie informieren sich in den Betrieben und decken sich mit regionalen Produkten ein. Organisator der beliebten Veranstaltung, bei der Bauern und Verbraucher miteinander ins Gespräch kommen sollen, ist der pro agro Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in Berlin-Brandenburg. Sie läuft in diesem Jahr zum 23. Mal. Auch Schmücker ist mit seinem Betrieb wieder dabei.
Aushängeschild der Landwirte sind immer die Hofläden, von denen es nach Angaben von pro agro landesweit etwa 300 gibt. Die Angebote sind ganz unterschiedlich. Über die Ladentheken gehen eigene und andere regionale Produkte: von Obst und Gemüse über Käse und Joghurt bis zu Wein und Likören. Viele sind den Angaben zufolge bio.
Wie funktioniert regionale Vermarktung am besten? „Verkauf direkt im Betrieb im eigenen Hofladen“, hat Landwirt Schmücker für sich entschieden. In dem kleinen Geschäft in Spaatz – 110 Kilometer entfernt von Berlin, mitten im Naturpark Westhavelland – bedient freitags und samstags seine Mutter die Kunden.
Angeboten werden traditionelle Fleisch- und Wurstwaren von den eigenen Tieren. „Die Schlackwurst schmeckt wie früher“, sagt eine ältere Frau, die fürs Wochenende einkauft. Die Kundschaft kommt meist aus der Nachbarschaft oder dem nur einen Katzensprung entfernten Sachsen-Anhalt. Schmücker bewirtschaftet 450 Hektar und hält 186 Milchkühe. Die genfreie Milch geht an eine Direktmolkerei. Zudem gehören im Moment 61 Schweine und 14 Ferkel dazu: die Basis für den Hofladen. Der studierte Agrarwissenschaftler und gelernte Metzger macht Wurst selbst – nach Mutters Rezepten –, räuchert Schinken oder portioniert Fleisch.
In einem Regal stehen auch Honig vom Imker aus dem Ort, Eier von einem anderem Landwirt sowie Apfelsaft von einer Streuobstwiese. Die Auslage ist recht übersichtlich. „Ich will kein Wiederverkäufer sein“, erklärt Schmücker seine Philosophie. Pro Woche wird ein Schwein geschlachtet, verarbeitet und verkauft.
„Die Nachfrage entscheidet“, sagt er. Rentiert sich der Laden für den Familienbetrieb, der eigentlich von der Milchproduktion lebt? „Lohnen ist das falsche Wort“, sagt er. „Solange der Hofladen der Selbsterhaltung dient, findet es auch unser Steuerberater ok.“ Der Appetit vor allem in der Hauptstadt auf regionale Produkte wird immer größer: vor allem auf Öko und Bio. Viele Landwirte und Hofladeninhaber sind auch auf Märkten in Berlin und Brandenburg unterwegs. Für Schmücker würde sich das nicht lohnen: Diese Mengen kann er nicht liefern, auch müsste er eine Verkäuferin einstellen. Der Westhavelländer setzt weiter auf seinen kleinen Laden und die regionale Kundschaft. Ein Ausflug mit seinen Produkten an einem Tag zur Grünen Woche im Januar in Berlin hat sich für ihn aber gelohnt, seine Wurst hat dort geschmeckt. Kunden scheuen nun auch nicht die weite Anfahrt. „Kaufen dort, wo die Ware herkommt“ ist sein Werbespruch.
Wo sieht Schmücker sein mittelständisches Unternehmen mit bodenständigen und regionalen Produkten in 15 Jahren? Werden seine Kinder – derzeit 15 und 17 Jahre alt – in seine Fußstapfen treten und den von seinen Eltern 1990 gegründeten Betrieb übernehmen? „Ich wäre nicht böse, wenn sie etwas anderes machen“, sagt der Landwirt. „Aber vielleicht kümmern sie sich im Nebenerwerb weiter um Hof und Laden.“ Gudrun Janicke
Die 23. Brandenburger Landpartie wird am 10. Juni offiziell um 10.30 Uhr auf dem Risenhof Flemming in Karlstein (Uckermark) eröffnet
Gudrun Janicke
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