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Immer mehr gefälschte Medikamente werden in Deutschland von den Zollbehörden sichergestellt.

© Thomas Frey/dpa

Illegale Tabletten in Brandenburg und Berlin: Schlankheitspillen aus Fernost

Die Region Berlin-Brandenburg wird mit gefälschten Medikamenten überschwemmt. Allein die Zahl der illegal importierten Tabletten stieg nach Zoll-Angaben um knapp 20 000 Stück. Die Einnahme solcher Plagiate kann sogar lebensgefährlich sein.

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Berlin/Potsdam - Zollfahnder in Berlin und Brandenburg ziehen immer mehr verbotene Medikamente aus dem Verkehr. Das hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben. Beamte beschlagnahmten im vergangenen Jahr fast 85 000 illegal importierte Tabletten, wie das Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg mitteilte. 2013 waren es noch 62 000. Die Menge an sichergestelltem Pulver war mit elf Kilogramm elfmal so hoch wie im Jahr zuvor. Das Volumen der beschlagnahmten Ampullen hat sich mit rund 15 000 Millilitern fast verdoppelt. Dahingegen ging die Zahl beschlagnahmter Dopingsubstanzen wie Anabolika 2014 zurück. Daten von 2015 waren noch nicht verfügbar.

„Bei den Arzneimitteln handelt es sich um Potenz- und Schlankheitsmittel sowie um rezeptpflichtige oder in Deutschland nicht zugelassene Medikamente“, informiert die Sprecherin des Zollfahndungsamts Berlin-Brandenburg, Claudia Bandelow. Diese Präparate kämen größtenteils aus dem asiatischen Raum, aber auch aus Ägypten. Per Flugzeug, auf dem Landweg oder per Post gelangten sie nach Deutschland.

Schwarzmarkt in Brandenburg und Berlin

Anders verhält es sich Bandelow zufolge mit den Dopingsubstanzen, insbesondere Anabolika. Hier würden die Wirkstoffe überwiegend in China eingekauft und in Untergrundlaboren in Berlin und Brandenburg hergestellt. „Die nicht zugelassenen, rezeptpflichtigen, verbotenen oder gefälschten Arzneimittel werden hauptsächlich via Internet angeboten. Es gibt dafür auch einen Schwarzmarkt in Berlin und Brandenburg“, sagt die Sprecherin. Verkäufe seien in sogenannten Headshops, in Spätverkaufsstellen sowie speziellen Cafés festgestellt worden.

Auf die Spur kommt der Zoll den Tätern dank verstärkter Abfertigungskontrollen an Flughäfen sowie Kontrollen beim Paketversand. Die Zahl der Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz sei 2014 „deutlich gestiegen“, informiert Bandelow. Konkret hätten sich die Verfahren von 52 im Jahr 2012 auf 129 im Jahr 2014 mehr als verdoppelt. Dabei ging es überwiegend um die Einfuhr und den Handel mit verbotenen Anabolika sowie in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln und rezeptpflichtigen Medikamenten.

Einnahme kann schnell lebensbedrohlich werden

Bundesweit ist der Handel mit gefälschten Medikamenten ein Millionengeschäft: „2014 hat die deutsche Zollverwaltung in 550 Fällen schutzrechtsverletzende Arzneimittel aufgegriffen“, erklärt Patrick Schwaiger von der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz der Bundesfinanzdirektion Südost in München. Was sich zunächst nach wenig anhört, schließt eine Stückzahl von fast 120 000 zu einem geschätzten Warenwert von rund 1,4 Millionen Euro ein. Mit gefälschten Präparaten ist nicht zu spaßen: „Wenn in Fälschungen lebenswichtiger Arzneimittel wie Herzmedikamenten, Blutverdünnern oder Antibiotika der Wirkstoff fehlt, wird die Einnahme schnell lebensbedrohlich“, warnt der Sprecher des Potsdamer Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse. Ebenso könnten Tabletten oder Tropfen sogar schädliche Stoffe wie Blei oder Quecksilber enthalten. „Wir raten Verbrauchern, sowohl rezeptfreie wie auch rezeptpflichtige Arzneimittel ausschließlich über legale Apotheken zu kaufen“, heißt es vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller in Bonn.

„Fälscher gehen auf jeden Fall mit viel Raffinesse vor, um die Echtheit eines Arzneimittels vorzutäuschen, sodass eine Fälschung nicht einfach zu erkennen ist“, erklärt eine Sprecherin der Initiative zum Schutz des deutschen Arzneimittelvertriebs Securpharm. Bei Zweifeln an der Echtheit eines Arzneimittels sollte der Patient mit einer Apotheke Kontakt aufnehmen. Auf jeden Fall empfehle sich ein gesundes Misstrauen, wenn Arzneimittel deutlich günstiger als üblich oder plötzlich rezeptfrei angeboten würden. Im Kampf gegen den Handel mit illegalen Präparaten setzt Securpharm auf ein spezielles Codierungssystem. Dieses soll zumindest Apotheken in Zukunft davor schützen, gefälschte Medikamente an ihre Kunden herauszugeben. (dpa)

Christian Bark

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