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Geschlossen. Das Schleusentor in Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) ist zu. Bis Samstag sollen die Schleusen bestreikt werden.

© dpa

Brandenburg: Schleusen dicht

Streik schränkt Schiffsverkehr stark ein. Auch Schleusen in Kleinmachnow, Woltersdorf, Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt betroffen

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Berlin/Potsdam - Vom morgigen Donnerstag an wird es auf vielen Wasserstraßen in und um Berlin sehr ruhig. Drei Tage lang werden die Schiffe und Ausflugsdampfer nur sehr eingeschränkt unterwegs sein können. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) zum Streik aufgerufen. Dann sind vom Beginn der Frühschicht an bis Samstag 24 Uhr sämtliche Berliner Schleusen dicht. Bestreikt werden auch Schleusen in Brandenburg: Kleinmachnow, Woltersdorf, Wernsdorf, Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt. Der Schiffsverkehr auf der Oder ist allerdings nicht direkt betroffen, sondern nur durch die Zufahrten von Berlin aus dorthin. Einbezogen in den Verdi-Arbeitskampf ist auch das Schiffshebewerk in Niederfinow am Oder-Havel-Kanal – aber nur an einem Tag. Dort wird am Donnerstag die Arbeit niedergelegt.

„Wenn gestreikt wird, kommt da nichts durch“, sagt Michael Scholz, Leiter des WSA. Mit der Gewerkschaft seien Notdienstvereinbarungen getroffen worden, sodass in Notfällen beispielsweise für Feuerwehr- oder Wasserschutzpolizeiboote geschleust werde.

Ausgesprochen ärgerlich ist Jürgen Loch, einer der beiden Geschäftsführer der Stern und Kreisschifffahrt, über den Streik: „Es kann nicht sein, dass ganze Branchen in Geiselhaft für die Belange einzelner Berufsgruppen genommen werden.“ Es sei unerträglich, wenn Streiks bei zentralen Schnittstellen in der Infrastruktur wie bei Fluglotsen, Lokführern, Piloten oder jetzt den Schleusenwärtern solche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben. Loch rechnet für die Stern und Kreisschifffahrt pro Streiktag mit Ausfällen von mindestens 30 000 Euro: „Bei schönem Wetter ist es deutlich mehr.“ Rund einhundert seiner Beschäftigten könnten an diesen Tagen nicht arbeiten. Zehn Ausflugsschiffe, die auf ihren herkömmlichen Routen die Schleusen passieren, werden pausieren müssen. Betroffen sind auch die beliebten Klassiker in der Innenstadt, die Brückenfahrten. Man werde jetzt versuchen, die Kunden telefonisch zu erreichen, die Touren gebucht oder Schiffe gechartert haben.

Betroffen ist auch die Weisse Flotte in Potsdam, die für den morgigen Donnerstag eine Fahrt in die Berliner Innenstadt auf dem Programm hatte. „Wir werden den Fahrgästen jetzt eine Alternativroute anbieten, auf Wunsch können sie auch umbuchen“, sagte Geschäftsführer Jan Lehmann den PNN.

Die Reederei Riedel weist ihre Fahrgäste schon auf der Homepage auf die Streiktage hin (www.reederei-riedel.de). Spree- und Brückenfahrten werden den Angaben zufolge voraussichtlich mit veränderter Route angeboten. Die Reederei geht aber davon aus, dass die meisten Stadtkernfahrten, mit Ausnahme einer Tour ab Haus der Kulturen der Welt, wie gewohnt stattfinden können.

Auch viele Freizeit-Kapitäne werden eine Zwangspause vor den Schleusen einlegen müssen. Die TMB Tourismus-Marketing Brandenburg empfiehlt den Wasserurlaubern, die längeren Wartezeiten mit Ausflügen in die nähere Umgebung zu überbrücken. Interessante Ausflugsziele, Sehenswürdigkeiten, gastronomische Angebote sowie Übernachtungen ließen sich spielend leicht mit der kostenlosen Brandenburg-App finden, heißt es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag.

Verdi-Sprecher Andreas Splanemann rechnet damit, dass sich einige Hundert Beschäftigte an den Streiks beteiligen. Sie stehen im Zusammenhang mit den bundesweiten Tarifauseinandersetzungen. Die Bundesregierung verweigere im Zuge der Umstrukturierung der Bundesbehörde Tarifverhandlungen zur Absicherung der Beschäftigten. In anderen Bundesländern hatte es in den vergangenen Wochen bereits Aktionen gegeben.

Nach Verdi-Angaben plant der Bund einen Umbau der Schifffahrtsbehörde, bei dem bis zu einem Viertel der rund 12 000 Arbeitsplätze wegfallen sollen. „Der Osten Deutschlands ist von der Reform besonders betroffen, hier stehen bis zu 2500 Arbeitsplätze auf dem Spiel“, teilte die Gewerkschaft mit. Bei einer Urabstimmung Ende April hätten rund 95 Prozent der bei Verdi organisierten Beschäftigten für einen Arbeitskampf gestimmt.Sigrid Kneist (mit ldg)

Sigrid Kneist (mit ldg)

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