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Verschwenderisches Berlin: Schnelles Geld

55 Millionen Euro für ein "Beschleunigungsprogramm" für die BVG, eine knappe Million für einen sanierten Betonklotz aus dem Dritten Reich. Der Bund der Steuerzahler prangert zahlreiche Fälle von Verschwendung an - auch in Berlin.

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Berlin - Die Landeskassen sind leer – trotzdem verschwenden Senat und Bezirke Millionen. Das jedenfalls schreibt der Bund der Steuerzahler in seinem neuen „Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung“. Darin ist Berlin mit gleich fünf abschreckenden Beispielen verzeichnet. Mit unsinnigen Bauprojekten, überflüssigen Sanierungsvorhaben – und mit einem Millionenprogramm zur Beschleunigung von Bussen und Straßenbahnen, das laut Steuerzahlerbund in den letzten Jahren kaum messbare Ergebnisse brachte. „Wer Misswirtschaft beklagt, braucht gar nicht nach Griechenland zu schauen“, sagte Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Ob im Bund oder in Berlin – „noch immer werden Steuergelder aus dem Fenster geworfen“.
Daran beteiligt seien die Senatsverwaltung für Verkehr und BVG, was die Verwaltung aber zurückweist. Tatsache ist, dass die Verkehrsplaner 55 Millionen Euro investierten, um Busse und Bahnen zu beschleunigen. „Dennoch hat sich die Geschwindigkeit in den letzten Jahren kaum verändert“, sagt der Bund der Steuerzahler: Zwischen 2008 und 2010 sei das Tempo von Bussen und Straßenbahnen um kaum messbare 0,03 Stundenkilometer gestiegen.
Die BVG „würde sich schon ein schnelleres Tempo wünschen“, sagte deren Sprecherin Petra Reetz. Und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung „weist den Vorwurf zurück“, so Sprecher Matthias Gille. Die Millionen seien in den vergangenen 13 Jahren investiert worden. Und in diesem Zeitraum sei die Geschwindigkeit von Bussen und Straßenbahnen um zwei Stundenkilometer auf 19,5 Kilometer pro Stunde gestiegen. Dadurch spare die BVG Fahrzeugkosten in Höhe von sechs Millionen Euro jährlich. Diese Einsparungen spielten in den kommenden Jahren die Investitionssumme wieder ein.
Ein zweites Berliner Beispiel: Die Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft überlässt das Gebäude der ehemaligen Hochschule für Technik und Wirtschaft in bester Kiezlage von Prenzlauer Berg pachtfrei dem Deutschen Jugendherbergswerk Berlin-Brandenburg. Dabei habe ein privater Hostelbetreiber dem Land „einen Mietzins in Millionenhöhe“ für das Areal angeboten. Christian Walther, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, sagte: „Es ist nicht ungewöhnlich, dass gemeinnützigen Trägern Liegenschaften kostenfrei überlassen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse ist.“ Anders als Hostel-Betreiber strebe das Jugendherbergswerk keine Gewinne an. Verschwendung, findet der Bund der Steuerzahler, dennoch. Wer Kinder und Jugendliche fördern will, müsse keine billigen Betten in der Kneipenhochburg schaffen – besser angelegt seien die Mittel bei der Betreuung vernachlässigter Kinder von alkoholkranken Eltern etwa.
Sind 411 000 Euro für eine Lichtinstallation am S-Bahnhof Neukölln wirklich notwendig? Nein, findet der Bund der Steuerzahler. Auch dieses, zunächst mit 50 000 bis 100 000 Euro kalkulierte, Projekt sei eine Verschwendung von Steuergeldern – im Brennpunkt allemal: „Erste Wahl bei der Lösung der mannigfaltigen Schwierigkeiten im Problembezirk Berlin-Neukölln“ sei Lichtkunst nicht.
Verschwendet wird auch in Tempelhof-Schöneberg: Den „Schwerbelastungskörper“, 12 000 Tonnen Beton, die im Jahr 1942 zum Bau der Speer’schen „Welthauptstadt Germania“ vergossen wurden, sanierte und umbaute der Bezirk mit einem Betrag von 900 000 Euro. Dabei sah „die ursprüngliche Planung Kosten für die Bauwerkssicherung von lediglich 8700 Euro vor“. Beim Bezirk war dazu niemand zu sprechen.
Bleibt schließlich noch der Bau einer Brücke über einen kleinen Teich im Ernst-Thälmann-Park in Prenzlauer Berg. Aus Sicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind die Baukosten mit 78 000 Euro „sehr gering geblieben“. Genutzt wird die Brücke aber kaum, klagt der Bund der Steuerzahler – denn er verkürzt den Fußweg um nur 45 Sekunden.

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