Von Johann Legner: Schönbohm war gewarnt
Hinweise auf Problem mit Stasi bei Amtsantritt
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Potsdam - Jörg Schönbohm, der sich bei der neuen Brandenburger Stasi-Debatte von der eigenen Partei unfair behandelt fühlt, ist frühzeitig sehr deutlich gewarnt worden. Als der damalige CDU-Vorsitzende 1999 zum Innenminister und damit zum obersten Dienstherr von hunderten früherer Stasi-Mitarbeitern ernannt wurde, gab es vielfältige und detaillierte Hinweise auf das Problem. Unter denen, die darüber mehrfach mit Schönbohm redeten, war auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Dierk Homeyer. Der hatte Mitte der neunziger Jahre, damals als Mitglied des Innenausschusses und Oppositionspolitiker über eine Reihe von kleinen Anfragen Front gegen den SPD-Innenminister Alwin Ziel und dessen Handhabung der Stasi-Erblast gemacht.
Der neuen CDU-Spitze des Ministeriums wurden 1999 sogar schriftliche Unterlagen übergeben, die keinen Zweifel ließen an der Brisanz so mancher Polizistenbiographie in Brandenburg. Passiert ist dann aber weiter nichts. Schönbohm begründet dies heute damit dass er nicht als „CDU-General aus dem Westen“ die Verantwortung für eine neue Überprüfung übernehmen wollte.
Tatsächlich hatten sich allerdings erst wenige Monate vor der Landtagswahl die Hinweise verdichtet, wonach die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter zum Problem werden. Auslöser der damaligen Debatte war kurioserweise einer der beiden KGB-Agenten, die es 1990 ebenfalls in die Ränge der Polizei geschafft hatten. Der Mann war damals sogar beteiligt gewesen an dem ersten Überprüfungsverfahren, das ausschließlich auf Selbstauskünften der ehemaligen Volkspolizeiangehörigen basierte und gerade mal ein Prozent der Bewerber ablehnte. Und der Polizist war auch noch Beteiligter an der Verhinderung eines Fluchtversuches, die tödlich endete.
Als dann die sich noch in der Opposition befindliche CDU nachfragte, wurden endlich die amtlichen Ergebnisse der Überprüfung durch die damalige Gauckbehörde bekannt. Danach beschäftige die Polizei damals 164 frühere hauptamtliche Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit. Bei weiteren 1250 Polizisten waren eindeutige, gut belegte Beweise auf eine inoffizielle Mitarbeit (IM) gefunden worden. Darüber hinaus gab es allerdings, wie erst jetzt bekannt wurde, in etwa 1000 weiteren Fällen Hinweise – zumeist aus Karteikarten - auf eine IM-Tätigkeit. Darunter befindet sich auch der Fall des Andreas Schuster, der selbst zu der fünfköpfigen Überprüfungskommission gehörte, die 1990 grünes Licht gab für die Stasi-Mitarbeiter. Bei diesen Personen fehlten allerdings zu dem Zeitpunkt der Überprüfung Akten über Art und Umfang der Verstrickung in die Arbeit der Geheimpolizei. In den meisten anderen Behörden der anderen Bundesländer wurde in solchen Fällen eine regelmäßige Nachfrage bei der Gauck-Behörde veranlasst, weil dort ständig neue Unterlagen erschlossen worden waren und damit auch zusätzliche Informationen über die Tätigkeit dieser als IM erfassten Personen gewonnen werden konnten. Aber auch nach der Amtsübernahme Schönbohms blieben diese Fälle ungeklärt.
Dass jetzt nicht nur diese, sondern viele weitere, den Ruf der Brandenburger Polizei nachhaltig gefährdende Fragen offen bleiben, verdankt das Land somit nicht nur den ersten Jahren nach der friedlichen Revolution, sondern den zehn Jahren, in denen ein CDU-Mann als Innenminister agierte.
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