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Brandenburg: Schöneburg: Paradigmenwechsel im Strafvollzug
Gesetzesvorstoß von zehn Bundesländern: Einzelunterbringung und längere Besuchszeiten
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Potsdam/Berlin - In zehn Bundesländern – auch Brandenburg – sollen Gefängnisinsassen künftig nachts in Einzelzellen untergebracht werden und länger Besuch bekommen dürfen. Dies sieht ein gemeinsamer Entwurf für ein einheitliches Strafvollzugsgesetz vor, auf den sich die Länder unter der Federführung Berlins und Thüringens geeinigt haben, teilten die Justizminister am Dienstag mit.
Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) sagte, er strebe für Brandenburg einen „Paradigmenwechsel“ an, weg vom überwiegenden Verwahrvollzug, hin zu einem konsequenten Behandlungsvollzug. Die derzeitigen Strukturen des Justizvollzuges und der einzelnen Justizvollzugsanstalten will der Minister an die höheren Anforderungen anpassen. Der Gesetzentwurf bilde eine „gute Grundlage für die weitere Gesetzgebungstätigkeit im Land“, hieß es. Schritt für Schritt sollen bis Mitte kommenden Jahres die Vorschläge in märkisches Recht umgesetzt werden, so ein Ministeriumssprecher. Zentrales Anliegen sei es, die Resozialisierung von Gefangenen zu verbessern, sagte Schöneburg. Man wolle den Übergang vom Vollzugsalltag zum Leben in Freiheit erleichtern und eine kontinuierliche Betreuung der Haftentlassenen gewährleisten. Das sei ein großer Beitrag zur Sicherheit der Bürger im Land.
Der Entwurf stelle die Resozialisierung von Straftätern in den Vordergrund, sagte Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger (SPD). „Sicherheit für die Bevölkerung erreichen wir vor allem dadurch, dass entlassene Straftäter erfolgreich wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden.“
Die Einzelunterbringung während der Einschließzeiten dient dem Schutz der Gefangenen vor Übergriffen durch Mithäftlinge. Ein solcher Fall hatte sich im November 2006 in der Justizvollzugsanstalt Siegburg ereignet, als ein 20-Jähriger fast zwölf Stunden lang gequält, vergewaltigt und dann in der Tür zum Toilettenraum erhängt wurde. Nur in Ausnahmefällen soll von der Einzelunterbringung abgewichen werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass alle Strafgefangenen einem standardisierten Diagnoseverfahren unterzogen werden. Dabei sollen Hintergründe zur Person und Straftat des Gefangenen abgefragt werden. Neuerungen werde es auch im Bereich der Sozialtherapie geben. Es gehe darum, die Gefährlichkeit von Tätern zu verringern. Gewaltstraftäter sollen von vornherein in sozialtherapeutischen Abteilungen untergebracht werden. In diesem Bereich seien mehr Haftplätze nötig. Die monatliche Mindestbesuchsdauer wird auf zwei Stunden erhöht. Damit soll dem Bedürfnis der Gefangenen nach sozialen Kontakten Rechnung getragen werden.
Brandenburg verfügt laut Justizministerium über sechs Justizvollzugsanstalten überwiegend mit Einzelhafträumen, aber auch über eine relativ hohe Anzahl an Gemeinschaftshafträumen. Insgesamt gibt es derzeit 2123 Haftplätze, die aber nur zu zwei Dritteln nicht belegt sind.
An den anderthalbjährigen Beratungen über den nun vorgelegten gemeinsamen Entwurf hatten sich die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen beteiligt. Durch die Föderalismusreform war die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug vom Bund auf die Bundesländer übergegangen. dpa/dapd
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