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Nicht mehr geschlossen. Nach dem Aus für die Drogeriemarktkette Schlecker geht fast die Hälfte der entlassenen Mitarbeiter in Brandenburg einer neuen Beschäftigung nach.

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Brandenburg: Schritt in die Selbstständigkeit gewagt

Das unterschiedliche Schicksal der märkischen Schlecker-Frauen: Manche suchen noch Arbeit

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Potsdam/Berlin - Nach dem Aus für die Drogeriemarktkette Schlecker hat fast die Hälfte der entlassenen Mitarbeiterinnen in Brandenburg eine neue Beschäftigung gefunden. Wie die Regionaldirektion der Arbeitsagentur mitteilte, verloren damals 1294 Märkerinnen ihre Stelle. „611 Frauen gehörten im März noch zu unseren Kunden“, sagte Vize-Sprecher Erik Benkendorf. 575 Frauen hätten bereits eine Beschäftigung gefunden.

Den Plänen der österreichischen Dayli-Kette, ehemalige Schlecker-Läden zum Nahversorger umzubauen, stehe die Agentur optimistisch gegenüber - auch wenn sich das Vorhaben für Berlin und Brandenburg noch verzögere.

Möglichst unbürokratisch seien viele Frauen an Warenhäuser vermittelt worden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen.

Schwierigkeiten gebe es auf dem Land. Gründe dafür seien das geringe Stellenangebot sowie fehlende Mobilität der Arbeitsuchenden. Ein weiteres Problem sieht Busch-Petersen in den Lohnvorstellungen der ehemaligen Schlecker-Leute. „Die Frauen sind sich ihres Marktwertes bewusst.“ Darum seien niedriger bezahlte Angebote oft unattraktiv.

Für das brandenburgische Arbeitsministerium zeichnet sich ein Jahr nach der Schlecker-Insolvenz ein unbefriedigendes Bild ab. „Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist für Verkäuferinnen schwierig“, sagte der stellvertretende Sprecher Gabriel Hesse. In Brandenburg seien im Verkäuferbereich derzeit etwa 14 000 Menschen arbeitslos; dem stünden nur 800 freie Stellen gegenüber. Aufgrund harter Konkurrenz sei Selbstständigkeit von Schlecker-Frauen in Brandenburg eine Ausnahme.

Doch in einigen Gegenden kann von einer harten Konkurrenzsituation kaum die Rede sein. Dort seien Schlecker-Märkte oft die einzigen Anlaufpunkte gewesen, stellte Drogerie-Inhaberin Karin Oelke klar. Bevor sie sich Ende 2012 selbstständig machte, hatte sie im Schlecker-Logistikzentrum Luckau (Dahme-Spreewald) gearbeitet. Im Städtchen Dahme (Dahme-Spreewald) eröffnete Oelke ihre „K & K Drogerie“ – in einer ehemaligen Schlecker-Filiale. Die Buchstaben stehen für „komm und kauf“. Über eine Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte sich die tatkräftige Frau die notwendigen unternehmerischen Kenntnisse angeeignet. Ein Großlieferant aus Mecklenburg-Vorpommern sei ihr beim Wareneinkauf entgegengekommen. Wichtig sei es, ein offenes Ohr für Kundenbedürfnisse zu haben. Mittlerweile beschäftigt Karin Oelke drei ehemalige Schlecker-Frauen. Am 18. Mai feiert sie das halbjährige Bestehen ihrer Drogerie.

Mit großer Euphorie war auch Sylvia Langes Schritt in die Selbstständigkeit verbunden. „Die Aufbruchstimmung ist inzwischen gewichen“, sagte Lange. Nachdem Schlecker ihr im Juni 2012 gekündigt hatte und auf Bewerbungen nur Absagen gefolgt waren, fasste sie den Mut, sich selbstständig zu machen, erinnert sich die Unternehmerin.

Auf Anraten der Stadtverwaltung Zehdenick (Oberhavel) besuchte sie ein Gründerseminar. Ein Bankkredit ermöglichte ihr im Dezember 2012, eine eigene Drogerie in einer geschlossenen Zehdenicker Schlecker-Filiale zu eröffnen.

Die anfängliche Neugier der Zehdenicker habe sich abgeflaut, sagte Lange. „Für viele bin ich zu teuer.“ Mit den Preisen großer Drogerieketten könne sie nicht mithalten. Ihre einzige Mitarbeiterin musste Sylvia Lange inzwischen entlassen. Die Unternehmerin befürchtet sogar, dass ihr künftig ein Drogerie-Riese die letzten Kunden in Zehdenick streitig machen könnte. Dennoch versucht Sylvia Lange, die Leute mit kleinen Zusatzangeboten in den Laden zu locken. „Es gibt ,Coffee to go’ und eine Spielecke für Kinder.“ Ihren Schritt in die Selbstständigkeit bereut sie nicht. Christian Bark

Christian Bark

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