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Brandenburg: Schwarzbier vor Gericht

Neuzeller Brauspezialität beschäftigt die Justiz / Brauereichef erwägt Schadenersatzklage

Neuzeller Brauspezialität beschäftigt die Justiz / Brauereichef erwägt Schadenersatzklage Von Bernd Kluge Berlin. Eine Behörde erstattet Strafanzeige, die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren jedoch wegen Geringfügigkeit ein. Jedem anderen würde in dieser Situation sicher ein Stein vom Herzen fallen - nicht so Helmut Fritsche. Der Chef der Klosterbrauerei Neuzelle hätte es sich sogar gewünscht, dass die Frankfurter Ermittlungsbehörde ihres Amtes waltet und zu einem Ergebnis kommt. „Dann hätte man endlich mal klären können, was hier eine Irreführung des Verbrauchers ist“, wettert der 65-jährige Unternehmer, der es aufgrund seines Bierstreits mit der Brandenburger Landesregierung zu einiger Popularität gebracht hat. Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass Fritsche in der denkmalgeschützten Brauerei im Schatten des Zisterzienserklosters Neuzelle sein inzwischen legendäres Schwarzbier herstellt und es auf den Markt bringt. Das Potsdamer Agrarministerium verbot dem süffigen, dunklen Gebräu aufgrund des Zusatzes von Zucker jedoch die Bezeichnung „Bier“ und berief sich dabei auf das deutsche Reinheitsgebot von 1516. Als „Schwarzer Abt“ wurde die Neuzeller Brauspezialität ein Renner, doch nur zähneknirschend war Fritsche den Kompromiss eingegangen. Im Sommer schließlich hatte er die Faxen dicke und schrieb wieder die Bezeichnung „Bier“ auf die Flaschenetiketten. „Schließlich muss ich für den ''Schwarzen Abt'' Biersteuer zahlen. Dann kann ich auch draufschreiben, was drin ist“, betonte er und brachte die umetikettierten Flaschen in den Handel. Wohl wissend, dass die Sache nicht lange gut gehen würde. Das Lebensmittelüberwachungssamt des Landkreises Oder-Spree schritt ein und erstatte bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) Strafanzeige wegen Irreführung des Verbrauchers. Dabei will der Klosterbrauerei-Chef mit der Umetikettierung doch gerade im Interesse des Verbrauchers gehandelt haben. „Was ich bisher gemacht habe, ist für den Käufer irreführend. ''Schwarzer Abt“ suggeriert doch nicht gleich ein alkoholisches Getränk„, argumentiert der 65-Jährige. Und der Verbraucher wundere sich, warum er von dem süffigen Dunklen einen Schwips bekomme. Er sei für „Klarheit und Wahrheit“, betont Fritzsche. Und die bringen ihm - nach eingestelltem Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft – als nächstes eine so genannte Ordnungsverfügung des Lebensmittelüberwachungsamtes. Und da ist für Fritsche das letzte Schwarzbier noch längst nicht getrunken. Zumindest juristisch. „Ich werde Klage einlegen und mich notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht durchkämpfen“, kündigt der Unternehmer an. Denn schließlich gebe es im Biergesetz einen Paragraphen über besondere Kreationen, die vom deutschen Reinheitsgebot abweichen dürfen. Und auch das EU-Recht bestärkt den Neuzeller. „Demnach kann ich mein Schwarzbier auch so nennen, Hauptsache ich lasse den Zusatz – gebraut nach deutschem Reinheitsgebot – weg“, erläutert er. Ob er für den juristischen Feldzug auch wirklich sattelfest ist, kann Fritsche bereits am 1. Dezember überprüfen. Zehn Jahre ist es schließlich schon her, dass er gegen das Bezeichnungsverbot des Agrarministeriums Klage eingelegt hat. Nun kommt der Fall zur mündlichen Verhandlung vor das Frankfurter Verwaltungsgericht. Fritsche gibt sich siegesgewiss und denkt schon an den nächsten Schritt. Als juristischer Gewinner will er anschließend das Land Brandenburg auf Schadenersatz verklagen. Obwohl er das angesichts des stets werbewirksamen Bierstreits eigentlich nicht nötig hat: Das Neuzeller Schwarzbier ist sowohl in Deutschland als auch in 25 anderen Ländern ein Renner. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, macht sich Fritsche seit einiger Zeit allerhand bierselige Notizen. Schließlich will er im nächsten Frühjahr ein Buch über den Brandenburger „Bierkrieg“ herausbringen.

Bernd Kluge

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