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Brandenburg: Schwarzes Gold aus Westpolen

Unweit der Grenze entdeckten Geologen die größten Erdölvorkommen des Nachbarlandes

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Unweit der Grenze entdeckten Geologen die größten Erdölvorkommen des Nachbarlandes Von Jörg Schreiber Debno/Küstrin-Kietz. Keine 100 Kilometer östlich von Berlin im Westen Polens geht es ein ganz klein wenig zu wie auf der arabischen Halbinsel. Geologen brachten auf der Suche nach Öl und Gas in einem rund 90 Kilometer langen Gürtel zwischen Debno nahe der Oder über die Großstadt Gorzow (Landsberg) bis hin nach Miedzychod und Drezdenko jede Menge Bohrungen nieder - und wurden fündig. Polnische Experten gehen davon aus, dass dort unweit der deutschen Grenze die größten Öl-Vorkommen Polens liegen. Während bei Debno nur wenige Kilometer hinter Küstrin rund 64 Millionen Tonnen Öl lagern sollen, schätzt das staatliche Öl- und Gasförderunternehmen PGNiG die rund 100 Quadratkilometer große, neu entdeckte Lagerstätte zwischen Miedzychod und Drezdenko auf sogar 100 bis 150 Millionen Tonnen, von denen gut ein Viertel förderwürdig sein dürften. Nach Angaben der Tageszeitung „Rzeczpospolita“ könnten damit einmal zehn Prozent des polnischen Bedarfs an dem Rohstoff gedeckt werden, der bei mehr als 15 Millionen Tonnen im Jahr liege. Das schwarze Gold versetzt die Region östlich der Oder in Euphorie. Polnische Medien sprechen schon von einem zweiten Kuwait, was freilich übertrieben ist, da das Land auch künftig den Großteil des benötigten Öls importieren muss. Allein die Gemeinde Miedzychod hofft nach Angaben der regionalen Tageszeitung „Gazeta Lubuska“ auf Jahreseinnahmen von mehreren Millionen Zloty. In Debno spült die bereits 2000 aufgenommene Erdöl- und Gasförderung laut Stadtverwaltung 10 Millionen Zloty (etwa 2,3 Millionen Euro) pro Jahr in die Kassen. Weitere Probebohrungen Die erste Förderstätte im neuen Revier bei Drezdenko soll 2005 mit dem industriellen Abbau beginnen, kündigt PGNiG an. Das setzt allerdings Anfangsinvestitionen in zweistelliger Millionenhöhe voraus. Angesichts der Kosten muss abgewartet werden, ob die Zeitpläne eingehalten werden. Ungeachtet dessen ist die Euphorie ungebrochen, werden die Probebohrungen auf benachbarte Orte ausgedehnt. Die neu entdeckten Fördergebiete befinden sich allerdings weitab der polnischen Raffinerien. Der Bahntransport über hunderte Kilometer nach Gdansk (Danzig) oder ins mittelpolnische Plock wäre zu teuer. Eine günstigere Lösung ist der Export ins viel näher gelegene Deutschland, wie ein PGNiG-Vertreter der „Gazeta Wyborcza“ sagte. Deshalb sei bereits ein Stichrohr von Debno zur Erdölleitung „Freundschaft“ gelegt worden, die in die Bundesrepublik führt. Ein kleiner Zipfel der westpolnischen Lagerstätte ragt im Übrigen auch nach Deutschland hinein: In einer Fußballfeld-großen Anlage beim Grenzort Küstrin-Kietz fördert die Berliner „Erdgas Erdöl GmbH“ (EEG) seit 1998 die Bodenschätze. Das Vorkommen beläuft sich auf eine Million Tonnen Erdöl, jährlich werden in der einzigen Förderstätte Brandenburgs rund 20 000 Tonnen Öl und 5 Millionen Kubikmeter Erdölbegleitgas zu Tage gebracht, sagt EEG-Sprecherin Regine Badzinski-Quast. Im ersten Halbjahr seien 10 324 Tonnen Öl an die PCK Raffinerie Schwedt sowie 2,7 Millionen Kubikmeter Gas an ein nahes Blockheizkraftwerk geliefert worden. Trotz der Grenznähe sei eine Beteiligung der EEG an der Erschließung und Gewinnung westpolnischer Erdöl- und Erdgasvorkommen „eher nicht zu erwarten“, sagt die Sprecherin. Das schließe jedoch nicht aus, dass sich die EEG künftig mit polnischen Experten zu Themen wie der Gasvermarktung oder Verfahren der Erdgasentschwefelung austauscht. Solche Gespräche könnten möglicherweise noch dieses Jahr beginnen.

Jörg Schreiber

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