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Brandenburg: SEK-Mann liegt nicht mehr im Koma

Drama in Waßmannsdorf: Nach Kritik verteidigt die Polizei ihre Einsatztaktik / Thema im Innenausschuss

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Potsdam - Nach dem Familiendrama von Waßmannsdorf geht es dem schwer verletzten 29-jährigen Elitepolizisten nach Aussagen der Polizei „den Umständen entsprechend besser“. Der Beamte des Sondereinsatzkommandos des Landeskriminalamtes (LKA) Brandenburg sei von den Ärzten im Klinikum Berlin-Neukölln aus dem künstlichen Koma geholt worden, in das er nach einer Notoperation versetzt worden war. Er war hatte am Freitag einen Gesichtsdurchschuss erlitten. „Man kann aber nicht sagen, dass es ihm gut geht“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder) gestern.

Bei dem Familiendrama hatte sich am Freitagmorgen wie berichtet ein 52-Jähriger Mitarbeiter der Berliner Wasserbetriebe in seinem Haus verschanzt und um sich geschossen. Zunächst hatte er gedroht, seine 34-jährige Tochter zu erschießen. Nachdem diese flüchten konnte und das SEK gegen 14 Uhr das Haus stürmen wollte, hatte der Sportschütze wild um sich geschossen und zwei SEK-Beamte, die als Aufklärer eingesetzt waren, verletzt. Der zweite Beamte war an der Schulter durch einen Streifschutz getroffen worden. Gegen 17.30 Uhr hatte das SEK den 52-Jährigen Schützen tot in einem Sessel gefunden.

Nach ersten Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft Potsdam davon aus, dass sich der Mann, der bis vor zwei Jahren in Berlin-Friedrichsfelde gewohnt hatte, selbst erschoss. Derzeit würden Tatortspuren ausgewertet und ballistische Tests durchgeführt, um auszuschließen, dass er doch von einem Polizeiprojektil getroffen wurde, erklärte Staatsanwalt Christoph Lange gestern auf Anfrage. Außerdem müssten noch die Obduktionsergebnisse ausgewertet werden. „Wir überprüfen aber auch die Vorgeschichte der Tragödie“, so Lange weiter. Dazu müssten auch die Ehefrau und die Tochter sowie Nachbarn, Kollegen und der behandelnde Arzt gehört werden.

Als Ursache für den Amoklauf gilt derzeit die Trennung der Frau von ihrem Mann. Nach mehreren Zeugenaussagen habe er die Trennung nicht verkraftet, hieß es. Der Arzt hatte am Tag vor der Bluttat die örtliche Polizei darauf hingewiesen, dass der Sportschütze, der einen Waffenberechtigungsschein besaß, psychische Probleme habe.

Auch der Innenausschuss des Landtages wird sich mit dem Vorfall befassen. „Es ist so üblich, dass bei Ereignissen dieser Tragweite das Ministerium im Ausschuss darüber informiert“, sagte CDU-Innenexperte Sven Petke gestern.

Polizeiintern wird derzeit das Vorgehen des Sondereinsatzkommandos ausgewertet. „Das ist nach jedem Einsatz eines SEK üblich und hat nichts mit eventuellen Fehlern der Beamten oder Zweifeln an der gewählten Taktik zu tun“, sagte ein Polizeisprecher gestern. Offiziell wollten sich die Ermittlungsbehörden gestern nicht zu der Einsatztaktik äußern.

Intern wurde aber heftig auf Spekulationen reagiert, wonach die Polizei taktische Fehler gemacht habe. So war kritisiert worden, dass das SEK beim Versuch, das Haus zu stürmen zu auffällig vorgegangen sei. Ein Einsatzspezialist der Polizei sagte dazu den PNN: „Erstens: Die Beamten, die verletzt worden sind, waren an der Erstürmung nicht beteiligt. Und Zweitens – wenn gesagt wird, dass das SEK an der Vorderseite des Hauses zu auffällig agiert habe: Wenn ich hinten rein will, muss ich vorne Faxen machen, um den Täter abzulenken.“

Schon am Wochenende hatte die Polizei Gerüchte um eine falsche Taktik zurückgewiesen. So war sie dafür kritisiert worden, dass sie das Haus, in dem sich nur der Schütze befand, überhaupt hatte stürmen wollen, statt abzuwarten und alle Versorgungsleitungen zum Haus zu kappen. „Das Prinzip der Gefahrenabwehr gilt auch für Selbstmordgefährdete – da muss die Polizei handeln, den Mann vor sich selbst schützen“, so der Einsatzexperte. Man könne einen solchen Täter nicht einfach „aushungern – wir sind doch hier nicht im Fernsehen!“.

Außerdem habe nicht ausgeschlossen werden können, dass der Mann das Haus in die Luft jagt oder zu anderen Taten in der Lage ist. Daher habe man auch einen Nachbarn und Freund des Schützen nicht mit diesem verhandeln lassen. „Das hätte den Mann, der ganz offensichtlich unter enormem psychischen Druck stand noch weiter in die Verzweiflung treiben können“, so der Einsatzexperte weiter.

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